Frankfurt/Main (dpa) – Das jährliche Treffen mit den Weltmeister-Kollegen und langjährigen Begleitern durch schwere Zeiten ist für Joachim Deckarm immer ein Highlight.
Im verschworenen Kreis der Handball-Helden von 1978, die mit dem WM-Triumph deutsche Sport-Geschichte schrieben, fühlt sich der seit einem schlimmen Sportunfall vor 41 Jahren auf Pflege angewiesene Deckarm besonders wohl.
Doch in diesem Jahr fällt der mehrtägige Trip rund um Fronleichnam, bei dem Heiner Brand & Co. gerne in Erinnerungen schwelgen, wegen der Corona-Krise aus. «Wir wollten uns in Heidelberg treffen. Das ist leider nicht möglich», erzählte Brand in einem Gespräch der Deutschen Presse-Agentur.
Kontakt mit den alten Weggefährten wie Kurt Klühspies oder Gerd Rosendahl hält Brand derzeit vorwiegend über Telefon oder WhatsApp. Auch mit Deckarm, der seit 2018 in einem Seniorenheim in Gummersbach lebt, hat er ein paar Mal telefoniert. «Er durfte ja keinen Besuch bekommen, nicht einmal von seinem Bruder», berichtete Deutschlands Handball-Legende.
Dennoch sei Deckarm, der zu seinem 65. Geburtstag im Vorjahr bei der Heim-WM einen emotionalen Empfang durch knapp 20.000 Fans in Köln erlebte, unbeschadet durch die Corona-Zeit gekommen. «Er wird gut betreut», sagte Brand.
Normalerweise schaut der 67-Jährige regelmäßig bei Deckarm vorbei. «Wir lachen sehr viel, wenn ich ihn besuche. Dann würfeln wir und haben Spaß zusammen», erzählte Brand unlängst im Podcast der Handball-Bundesliga. «Er freut sich auch, wenn er mit den anderen Weltmeistern zusammentrifft. Das sind immer schöne Momente.»
Der besondere Zusammenhalt innerhalb des Teams war schon 1978 ein wesentlicher Schlüssel des Erfolgs. Großen Verdienst daran hatte der damalige Bundestrainer Vlado Stenzel. «Er hat darauf geachtet, dass die Spieler zueinander passen. Auf dem Parkett und außerhalb», sagte Brand. «Was uns noch enger zusammenrücken ließ, war der schlimme Unfall von Jo Deckarm.»
Der ehemalige Weltklassespieler vom VfL Gummersbach war knapp 14 Monate nach dem WM-Sieg im Europacupspiel in Tatabanya nach einem Zusammenprall mit einem Gegenspieler so schwer mit dem Kopf auf dem Hallenboden aufgeschlagen, dass er ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitt und 131 Tage im Koma lag.
Seither kümmern sich seine ehemaligen Nationalmannschaftskollegen intensiv um Deckarm – aber nicht nur um ihn. Als der ehemalige Rechtsaußen Arnulf Meffle im Herbst 2012 eine Leukämie-Erkrankung öffentlich machte, waren die einstigen Teamgefährten sofort bereit, bei der Suche nach einem Stammzellenspender zu helfen. Der wurde Anfang 2013 gefunden – heute ist Meffle geheilt.
Im selben Jahr war das Weltmeister-Treffen zu Fronleichnam schon einmal ausgefallen, weil Deckarm just an diesem Termin in die Ruhmeshalle des deutschen Sports aufgenommen wurde. Das gesellige Beisammensein wurde im November nachgeholt. Ähnliches schwebt Brand auch anno 2020 vor: «Ich will nicht ausschließen, dass wir uns trotz Corona noch treffen.»
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