Hannover (dpa) – Carlos Ortega hatte Recht. «Wir haben eine gute Mannschaft», sagte der spanische Trainer der TSV Hannover-Burgdorf schon vor der neuen Handball-Saison. Allein: Da hat ihm das noch kaum jemand geglaubt.
Die «Recken» verloren im Sommer ihren besten Spieler und stritten sich mit einem ihrer wichtigsten Geldgeber vor Gericht. Und trotzdem sind die Niedersachsen die einzige Mannschaft, die in der Bundesliga jedes ihrer ersten sechs Spiele gewann. Wie gut dieses junge und neuformierte Team wirklich ist, dürfte sich zum ersten Mal am Donnerstagabend (19.00 Uhr/Sky) zeigen. Dann kommt der deutsche Meister SG Flensburg-Handewitt zum Spitzenspiel nach Hannover.
«Wir sind in einer guter Ausgangslage und kommen mit einer breiten Brust», sagte Sportdirektor Sven-Sören Christophersen. «Flensburg hat den Druck, bei ihren Ambitionen hier gewinnen zu müssen.» Nach dem Duell mit dem deutschen Meister spielt sein Team noch nacheinander gegen MT Melsungen, den SC Magdeburg und den Tabellenzweiten Rhein-Neckar Löwen. Doch der beste Saisonstart der eigenen Bundesliga-Historie hat die «Recken» selbstbewusst gemacht. «Natürlich kommen jetzt starke Gegner, aber wir gucken weiterhin von Spiel zu Spiel und sind durchaus in der Lage, die eine oder andere Überraschung zu schaffen», sagte Christophersen.
Die Niedersachsen haben in diesem Sommer die individuelle Klasse eines Nationalspielers Kai Häfner (MT Melsungen) oder ihres langjährigen Torwarts Martin Ziemer (Füchse Berlin) verloren, dafür aber einen neuen Teamgeist gewonnen. Diese Geschlossenheit macht fast jeder für den aktuellen Erfolg verantwortlich. «Ich habe das erste Mal in meiner Zeit in Hannover das Gefühl: Wir sind ein richtig super-eingeschworener Haufen», sagte Kapitän Fabian Böhm dem «Sportbuzzer». Und der 30-Jährige kam schon vor drei Jahren zur TSV.
Aber selbst die gute Stimmung in Hannover kann auf Dauer nicht die Probleme des Clubs überlagern, die im Hintergrund weiter schwelen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wird nach Kai Häfner auch der Jung-Nationalspieler Timo Kastening im kommenden Jahr zu den deutlich finanzstärkeren Melsungern wechseln. Die Gelegenheit dazu bietet dem 23-Jährigen eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag.
Und dann ist da noch der Streit zwischen den «Recken» und dem Bau-Unternehmer Günter Papenburg, dem in Hannover die TUI Arena gehört, in der auch das Spitzenspiel gegen Flensburg stattfinden wird. Seit 2017 trägt der Club seine wichtigsten Heimspiele in der größten Halle der Stadt aus. Im Gegenzug verpflichtete sich Papenburg dazu, etwaige Etatlücken der Handballer mit bis zu einer Million Euro auszugleichen. Seit mehreren Monaten fordert der Verein nun Geld von dem Unternehmer und der wiederum Einsicht in die Finanzunterlagen des Vereins. Das Ergebnis der jüngsten Gerichtsverhandlung war, doch noch einmal eine außergerichtliche Lösung zu suchen.