Tokio ist rund 9000 Kilometer von Deutschland entfernt – aber für die deutsche Handball-Nationalmannschaft ganz nah. Am Sonnabend besiegte ein in der ersten Halbzeit bärenstarkes DHB-Team den EM-Vierten Slowenien in Berlin mit 36:27 (22:12) und stieß die Tür zu den Olympischen Sommerspielen (23. Juli bis 8. August) ganz weit auf. „Ich spüre große Erleichterung“, sagte Alfred Gislason. Der Druck auf den Bundestrainer und seine Mannschaft war groß gewesen.
Am Sonntag (15.45 Uhr, ZDF) hat Deutschland gegen Außenseiter Algerien beste Chancen, das Tokio-Ticket endgültig zu lösen. „Wir sind extrem nah dran, aber wir haben das Ticket noch nicht in der Tasche“, warnte Rückraum-Shooter Julius Kühn. Gislason forderte: „Wir müssen mit höchster Konzentration in dieses Spiel gehen.“
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Drei Änderungen
22 Stunden nach dem 25:25 gegen Vize-Weltmeister Schweden veränderte Gislason die Startformation auf drei Positionen. Keeper Johannes Bitter, am Freitag in der Schlussphase noch ein wichtiger Faktor, saß angeschlagen auf der Tribüne. Für den Routinier rückte WM-Sorgenkind Andreas Wolff ins Tor. Der Flensburger Johannes Golla erhielt im Abwehr-Mittelblock an der Seite von Hendrik Pekeler den Vorzug vor Patrick Wiencek, auch im Angriff durfte der 23-Jährige ran. Auf Linksaußen startete Marcel Schiller für Kapitän Uwe Gensheimer. So viel vorweg: Alle Änderungen stachen.
Wolff führte sich gleich mit einer Parade ein. Vor ihm stand eine bewegliche und aggressive Deckung, die lediglich in den Anfangsminuten einige Probleme mit Blaz Blagotinsek hatte. Der slowenische Hüne am Kreis erzielte drei Tore zum 4:5 (9. Minute), das Deutschland in der rasanten Partie jedoch mit einem 4:0-Lauf in eine 8:5-Führung (11.) verwandelte.
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Wie im Rausch
Jetzt hatte das im Angriff sehr variable DHB-Team Oberwasser – und spielte sich in einen Rausch. Steffen Weinholds 11:6 (15.) zwang Ljubomir Vranjes zu einer Auszeit, die dem DHB-Team den Schwung nicht nehmen konnte. Wolff sammelte bis zur Pause acht Paraden (darunter ein Siebenmeter), das Abwehrzentrum mit Pekeler und Golla generierte gegen die spielstarken Slowenen Ballgewinne und blockte Würfe. „Pekeler und Golla waren großartig“, lobte Gislason das Kiel-Flensburger Bollwerk. „So wünschen wir uns die Abwehr in jedem Spiel“, sagte Golla bescheiden.
Im Spiel nach vorne drückten der treffsichere Kühn und Co. das Gaspedal voll durch. Schiller erzielte das 17:9 (23.), Pekeler das 20:10 (27.).
Kraftsparende zweite Halbzeit
Gislason setzte noch bis zur 40. Minute (28:18) auf das bewährte Personal, dann begann der Bundestrainer die Kräfte zu dosieren. Nach und nach betraten Fabian Wiede, Juri Knorr, Patrick Groetzki, Uwe Gensheimer, Sebastian Heymann und Silvio Heinevetter das Feld – der deutschen Überlegenheit taten die Wechselspiele keinen Abbruch. Zwar scheiterten die DHB-Handballer nun reihenweise an Urban Lesjak in Sloweniens Tor, am Vorsprung änderte sich jedoch trotz sinkender Konzentration nichts (31:21, 50.). Erst in der Schlussphase verkürzte das Vranjes-Team minimal.
Deutschland: Wolff, Heinevetter (ab 44.) – Gensheimer (1/1), Wiencek (n.e.), Golla (4), Wiede, Heymann (3), Pekeler (3), Knorr, Weinhold (3), Weber (2), Groetzki, Kühn (6), Kastening (5/1), Häfner (2), Schiller (7)
Slowenien: Ferlin, Lesjak (ab 19.) – Skube (3), Blagotinsek (5), Marguc (2), Janc (3), Potocnik, Dolenec (3), Cingesar (2), Gajic (4/3), Gaber (1), Zarabec, Mazej (2), Ovnicek (2), Bombac, Suholeznik
Schiedsrichter: Raluy Lopez/Ramirez (Spanien)
Zeitstrafen: 3:4
Siebenmeter: 2/4:3/4