Holger LooseDas war’s für den Titelverteidiger: Das Final Four der Handball-Champions League findet ohne den THW Kiel statt. Der deutsche Rekordmeister musste sich am Mittwochabend im Viertelfinal-Rückspiel bei Paris Saint-Germain mit 28:34 (15:16) geschlagen geben. Die Franzosen konnten ihre 29:31-Niederlage aus dem Hinspiel damit wettmachen und spielen am 12./13. Juni in Köln um den Titel.
Paris tanzt – Kiel hadert
Das Pariser Starensemble war nach dem Schlusspfiff kaum noch zu halten. Vor den rund 800 begeisterten Zuschauern, die im Stade Pierre de Coubertin erstmals nach monatelanger coronabedingter Pause wieder dabei sein durften, fielen sich Mikkel Hansen, Luka Karabatic, Luc Steins und Co. in die Arme, sie tanzten auf dem Parkett und jubelten, als hätten sie die Champions League bereits gewonnen. Von der Tribüne stürmte sogar der verletzte PSG-Star Nikola Karabatic auf die Platte. Sie genossen den Erfolg in vollen Zügen.
Den sichtlich enttäuschten Kielern blieb am Ende nur, dem verdienten Sieger zu gratulieren. Sie haderten mit den spanischen Unparteiischen, die zum Ende der Partie tatsächlich sehr freizügig Zeitstrafen an die Norddeutschen verteilten. Das Viertelfinal-Aus hatte sich das Team von Trainer Filip Jicha aber selbst zuzuschreiben. „Wir müssen diese Niederlage schlucken, haben in der zweiten Halbzeit nicht unsere beste Leistung gezeigt. Aber ich muss zugeben, dass ich mit einigen Entscheidungen der Referees nicht einverstanden war“, sagte Jicha nach der Schlusssirene.
Auch interessant: Endstation Viertelfinale: SG Flensburg-Handewitt scheidet aus
Dass es nicht reichen würde, den knappen Vorsprung aus dem Hinspiel zu verteidigen, war THW-Kapitän Domagoj Duvnjak schon vor dem Anpfiff klar. „Wir müssen auf Sieg spielen“, hatte der Kroate gefordert. Sein Kollege Sander Sagosen wusste, dass „unser Torhüter einen richtig guten Tag haben muss. Und im Angriff dürfen wir nicht so viele Fehler machen“. Umsetzen konnten die Kieler diese Vorhaben aber nur unzureichend.
Wienceks Fehlen wiegt schwer
Immerhin: Bis Mitte der zweiten Hälfte war zumindest noch alles möglich. In einer sehr temporeichen und intensiven Partie legten die Hausherren zwar immer wieder eine Zwei-Tore-Führung vor, doch Kiel konnte postwendend verkürzen – bis zum 25:23 aus Sicht von PSG (45.). Dann verloren die Gäste plötzlich den Faden. Im Angriff leistete sich Sagosen zwei Fehlversuche, und in der Deckung machte es der THW den Gastgebern viel zu leicht.
Das Fehlen von Patrick Wiencek, der sich im Hinspiel einen Wadenbeinbruch zugezogen hatte, war nicht zu kompensieren. Vor allem das Pariser Kraftpaket Elohim Prandi nutzte die Unzulänglichkeiten der Kieler Abwehr, er traf wie er wollte und sorgte mit zwei Toren in Folge zum 30- und 31:25 (50.) für die Vorentscheidung. THW-Keeper Niklas Landin bekam bis dahin kaum eine Hand an den Ball, sorgte dann aber immerhin mit zwei Paraden noch einmal für etwas Spannung.
Sagosen verliert Kontrolle
Doch in der hektischen Schlussphase schwächten sich die Kieler selbst. Sander Sagosen bekam gegen seine ehemaligen Kollegen aus Paris eine Zeitstrafe, meckerte und erhielt als Dank eine weitere dazu – es war seine dritte, der Norweger war raus aus dem Spiel. Als Steffen Weinhold auf 28:32 verkürzte (56.), keimte noch einmal Hoffnung auf, doch die Franzosen waren an diesem Tag einfach besser und ließen sich den Halbfinaleinzug nicht mehr nehmen.
Paris Saint-Germain: Gérard, Genty – Steins (2), Keita, Kristopans (2), Kounkoud (3), Solé Sola (2), Toft Hansen, Remili (7), Grebille, Syprzak, L. Karabatic (1), Morros, Hansen (2/2), Prandi (9), Nahi (6)
THW Kiel: N. Landin, Quenstedt – Ehrig (n.e.), Duvnjak (3), Sagosen (7), Reinkind (4), M. Landin, Sunnefeldt, Weinhold (1), Ekberg (7/6), Ciudad (n.e.), Dahmke (3), Zarabec (2), Voigt (n.e.), Horak, Pekeler (1)
Schiedsrichter: Lopez/Ramirez (Spanien)
Zuschauer: 800
Zeitstrafen: 4:5
Rote Karte: Sagosen (3×2 Minuten)
Siebenmeter: 3:7