Thorsten Storm sieht das Momentum bei der SG Flensburg-Handewitt

Das packende Schleswig-Holstein-Duell um die Meisterschaft elektrisiert die Handballfans. Die jüngste Wendung brachte die SG Flensburg-Handewitt in die Pole-Position, aber der THW Kiel gibt nicht auf. Thorsten Storm kennt sich als ehemaliger Geschäftsführer der deutschen Spitzenclubs bestens aus.  Wir haben ihn gebeten, die Chancen der Rivalen im Titelrennen zu analysieren.

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Die Prognose von Thorsten Storm

 

Landin das Non plus ultra

Die Kaderqualität beim Schleswig-Holstein-Duo ist überragend. Die Tabelle sagt einiges über den Unterschied zum Rest der Liga aus. Für mich hat der THW mit Niklas Landin den besten Torhüter, den ich je in unserer Sportart gesehen habe. Ich kenne ihn seit fast 15 Jahren und habe ihn 2012 zu den Rhein-Neckar Löwen in die Bundesliga geholt.

Trotzdem ist das Gespann der SG flexibler. Leider hat Dario Quenstedt in Kiel nicht an sein Potenzial zu Magdeburger Zeiten angeknüpft und fällt zu stark ab. Bei der SG sind Benjamin Buric und Torbjörn Bergerud gleichauf. Das machte die SG bis zur Verletzung von Buric weniger berechenbar. Würde nun auch noch Bergerud ausfallen oder einen schlechten Tag erwischen, hätte die SG ein großes Problem, das Henning Fritz nicht lösen kann. Da sehe ich die Flensburger Achillesferse.

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SG auf Außen im Vorteil

Für den THW ist der Ausfall von Rechtsaußen-Dauerbrenner Niclas Ekberg bitter. Der junge Sven Ehrig hat Potenzial, kann die Lücke aber nicht schließen. Bei der SG sehe ich Lasse Svan und Marius Steinhauser  fast gleichauf. Auf Linksaußen spielt Hampus Wanne eine stärkere Saison als Rune Dahmke und Magnus Landin. Das wird aber nicht den Ausschlag geben.

Eher schon  die Schlüsselpositionen im Rückraum. Jim Gottfridsson und Trainer Maik Machulla bilden bei der SG ein kongeniales Team im Team. Das ist über Jahre gereift und heute eine perfektionierte Schaltzentrale. Gottfridssons Spielintelligenz und Klarheit sind bemerkenswert. Beim THW Kiel erlaubt sich Sander Sagosen aktuell zu viele Fehler. Er ist einer der herausragenden Handballer unserer Zeit, fand aber beim Pokal-Final-Four und in Magdeburg leider nicht zu seiner besten Form. Und Sander ist einer der Unterschiedspieler bei uns.

Kein Nord-Club verliert noch einmal

Insgesamt sehe ich den THW individuell stärker besetzt und gut eingespielt. Alle Verpflichtungen fügen sich zu einer Einheit. Beim Champions-League-Sieg sah man Fokus, Leidenschaft, Taktik und spielerische Klasse. Mehr geht nicht. Aber zuletzt war der Tank auch einmal leer –  bei dem Programm nicht verwunderlich.

Die Flensburger haben nicht alles mit Bravour gewonnen. Gegen Aalborg flogen sie  sogar aus der Champions League – das war nichts. Aber sie haben zum Beispiel in Essen das Glück erzwungen. Das stärkt das Selbstbewusstsein: schlecht gespielt, optimale Ausbeute. Das gab es einige Male in dieser Saison. Ich glaube, das weder Kiel noch Flensburg ein Spiel verlieren werden. Das Momentum liegt daher bei der SG. Zwei Meister wird es nicht geben.

Bearbeitung: Jan Wrege

Zur Person

Thorsten Storm lenkte von 2002 bis 2007 die Geschicke der SG als Geschäftsführer und übte diese Funktion danach auch bei den Rhein-Neckar Löwen (bis 2014) und beim THW (bis 2019) aus. Den Kielern ist Storm weiterhin eng verbunden. Seine Agentur FTS Concept hält in einem Joint Venture mit dem größten Sportvermarkter in Deutschland, Sport Five, die exklusiven Vermarktungsrechte für den THW Kiel. Aber auch die alte Liebe SG, für die er von 1985 bis 1989 als Rechtsaußen in der Bundesliga gespielt hat, beobachtet Storm noch intensiv.