Immer wenn eine Nachricht von Mannschaftsarzt Dr. Torsten Ahnsel auf dem Handydisplay von Maik Machulla aufblinkt mit der Betreffzeile „Testergebnisse“, steigt der Puls vom Trainer der SG Flensburg-Handewitt kurzzeitig in den roten Bereich. Glücklicherweise pendelte sich die Herzfrequenz schnell wieder in ruhige Zonen ein, weil nach dem Öffnen der Nachricht bis dato stets ein Emoji „Daumen hoch“ für schnelle Entwarnung sorgte.
Buric und Semper dabei
Stand gestern: Kein positiver Corona-Fall bislang beim Handball-Bundesligisten. Auch Franz Semper und Benjamin Buric, die nach ihren Länderspielreisen vorsorglich die Woche über vom übrigen SG-Team isoliert waren und am Freitagmorgen nochmal getestet wurden, können am Sonnabend mit nach Berlin fahren, wo die Flensburger am Sonntag (13.30 Uhr) vor leeren Rängen bei den Füchsen Berlin antreten müssen.
Freude über HBL-Entscheidung
Dass das Spiel in der Hauptstadt überhaupt stattfindet, war bis gestern morgen aufgrund der zahlreichen corona-bedingten Absagen anderer Bundesligapartien noch ungewiss. Dann entschied die HBL: Es gibt keinen Liga-Lockdown. „Eine gute Entscheidung. Weil wir weiterspielen können. Weil es genug coronafreie Mannschaften gibt“, freut sich Machulla. Wenngleich ihm bewusst ist: Die Gefahr ist trotz aller Sicherheitsvorkehrungen immer da, dass es irgendwann auch mal eine Ahnsel-Nachricht mit einem „Daumen runter“ gibt.
„Wir haben immer gewusst, dass es eine schwierige und andere Saison werden würde“, sagt der SG-Trainer. Es sei keine große Überraschung, was jetzt gerade passiere. Alles im allen sei es nicht leicht, den Fokus aufs Sportliche zu behalten. „Doch das machen meine Jungs echt gut“, so Machulla. „Unsere Stärke ist, dass wir Corona nicht so intensiv innerhalb der Mannschaft thematisieren. Wir sind momentan sportlich gut aufgestellt.“
Wanne muss passen
Auch weil die Absage des Melsungen-Spiels am Mittwoch den angeschlagenen und verletzten Spielern wie Lasse Svan oder Marius Steinhauser mehr Zeit zur Regeneration schenkte. Bis auf die Langzeitverletzten Lasse Möller und Johannes Golla sowie Linksaußen Hampus Wanne, der mit seiner Muskelverletzung im Oberschenkel am Sonntag noch keine Option ist, werden sich alle SG-Spieler an der Fuchsjagd beteiligen. Auch die „Kontaktpersonen“ Franz Semper und Benjamin Buric, die in den vergangenen Tagen nur individuell und als Solisten trainieren durften.
Was ist mit Drux?
Beim Gegner ist Corona ebenfalls Gesprächsstoff Nummer eins. Der positiv getestete Nationalspieler Marian Michalczik wird am Sonntag fehlen. Ob sein DHB-Kollege und Beifahrer Paul Drux spielen kann, ist ungewiss. Aber auch ohne die beiden Rückraumspieler hat Machulla noch sechs, sieben Klassespieler im Füchse-Kader ausgemacht: „Was die Berliner an Breite und Qualität haben, ist beachtlich. Das ist eine Topmannschaft.“ Größten Respekt hat das Flensburger Lager vor der im wahrsten Sinne des Wortes überragenden Abwehr. „Die haben richtig Größe“, so der SG-Coach.
Mit 7:5 Punkten und Platz elf sind die Füchse um Neu-Trainer Jaron Siewert nicht stolperfrei in die Saison gestartet. Die hohe Heimpleite gegen Magdeburg und die unerwartete Auswärtsniederlage in Minden taten richtig weh. Allerdings ist es keinesfalls verwunderlich, dass nach einem Trainerwechsel nicht alles sofort funktioniert.
Gute Erinnerungen
Die SG wird sich am Sonnabend per Bus in Richtung Berlin aufmachen – mit besten Erinnerungen an die Bundeshauptstadt. Und zwar an den 8. März 2020, an die 9000 Zuschauer in der rappelvollen Max-Schmeling-Halle, an den grandiosen 35:33-Sieg, an die leckeren Biere in der gut besuchten Eckkneipe im Anschluss. Sicher ist: Die Rahmenbedingungen werden morgen anders sein. „Echt komische Vorstellung, dass es mal solche Menschenmengen gegeben hat“, sagt Machulla rückblickend.
Drei Tage nach diesem SG-Sieg in Berlin wurde die Saison abgebrochen – hoffentlich gibt es nun kein Déjà-vu.