Stuttgart (dpa) – Der Wunsch ist seit langem klar: Die meisten Clubchefs der 18 Handball-Bundesligisten würden die derzeit ausgesetzte Saison am liebsten irgendwie zu Ende spielen. Dafür müsste die Spielzeit aber spätestens ab Mitte Mai fortgesetzt werden.
Vermutlich werden die Clubchefs daher bei ihrer nächsten Videokonferenz am Freitagmorgen (10.30 Uhr) keinen Abbruch der Saison beschließen, für den einige Verantwortliche plädieren. Was für und was gegen eine mögliche Fortsetzung spricht:
PRO ABBRUCH
CHANCENGLEICHHEIT: Da einige Clubs nicht mal eigene Trainingsstätten haben, könnten sie wahrscheinlich erst später wieder «normale» Teameinheiten absolvieren als andere. Zudem gelten in einigen Bundesländern besondere Regeln. In Baden-Württemberg beispielsweise ist derzeit der Betrieb aller Sportstätten bis Mitte Juni behördlich untersagt. «Stand heute hätten wir bis Juni nicht mal eine Halle, in der wir trainieren könnten», sagte Balingens Trainer Jens Bürkle. Würde die Saison zeitnah fortgesetzt, wären die Teams also trainingstechnisch zum Teil auf einem unterschiedlichen Niveau.
VERLETZUNGSRISIKO: Eine Fortsetzung der Spielzeit nach wochenlangem Individualtraining der Spieler würde auch das Verletzungsrisiko erhöhen. Könnte tatsächlich ab Mitte Mai wieder gespielt werden, müssten die Profis mitunter in relativ kurzen Abständen ran – obwohl sie vermutlich nicht mal austrainiert wären.
KURZARBEIT: Nicht nur Rekordmeister THW Kiel hat für Spieler, Trainer und Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt, um beim Personalaufwand zu sparen. «Wenn dann wieder gespielt wird, müssten natürlich auch die Gehälter wieder gezahlt werden», erläuterte Geschäftsführerin Jennifer Kettemann von den Rhein-Neckar Löwen.
KONTRA ABBRUCH
UNSICHERHEIT: Wer steigt dann ab und wer auf? Und wer wäre Meister? Außerdem: Wer darf nächste Saison in den internationalen Wettbewerben mitspielen? Das sind nur einige Fragen, die sich mit Blick auf ein Abbruch-Szenario stellen. Eine perfekte und alle Clubs zufriedenstellende Lösung erscheint illusorisch. Könnte die Saison irgendwie zu Ende gespielt werden, würden sich zumindest diese Fragen von selbst klären.
GELD: Die TV-Einnahmen machen im Etat der Clubs zwar nur einen geringen Anteil aus. Aber wenn die Saison wenigstens mit Geisterspielen zu Ende gebracht würde, könnte immerhin noch ein Teil des Geldes aus dem Fernsehvertrag mit dem Pay-TV-Sender Sky generiert werden. Auch ein weiterer Teil der Sponsoringeinnahmen würde dann wohl fließen, weil Werbebanden im TV zu sehen wären.
WETTKAMPF: Leistungssportler wollen sich mit der Konkurrenz messen. Entscheidungen am grünen Tisch sind daher nur das letzte Mittel der Wahl. «Jedes Sportlerherz strebt nach dem sportlichen Wettkampf», sagt Lisa Hessler, Geschäftsführerin der Eulen Ludwigshafen.