In seiner langen Karriere hat Johannes Bitter fast alles erlebt, doch selbst der erfahrene Torhüter der deutschen Handballer blickt mit großen Sorgen auf das zweite WM-Spiel.
Nach dem lockeren Turnierstart gegen Uruguay (43:14) bereitet zwar auch der nächste Gegner Kap Verde dem 38-Jährigen aus sportlicher Sicht keine Kopfschmerzen, ein mulmiges Gefühl begleitet ihn vor der Partie am Sonntag (18.00 Uhr/ARD) dennoch. „Ein Spiel gegen diese Mannschaft ist immer mit einem Risiko verbunden“, sagte Bitter im Teamhotel der DHB-Auswahl in Gizeh. „Ich gehe nicht mit einem guten Gefühl aufs Feld.“
Trotz mehrerer Corona-Fälle in der eigenen Mannschaft dürfen die Afrikaner antreten. Selbst nach der Ankunft in Ägypten waren weitere vier Akteure positiv getestet worden. Doch weil die Tests bei allen anderen Spielern anschließend negativ ausfielen, konnte Kap Verde am Freitagabend gegen Ungarn (27:34) mit einem Rumpfteam auflaufen. „Das ist einfach ein Risiko, dem man sich hier aussetzt“, sagte Rückraumspieler Juri Knorr. Mittlerweile wohnt Kap Verde auch im selben Hotel wie die deutsche Mannschaft. „Man muss sich generell fragen, ob man das jetzt in Kauf nehmen kann, ob man das Spiel spielen lässt“, sagte Knorr. Bislang deutet nichts auf das Gegenteil hin.
Bitter und Knorr wissen genau, wie schnell man sich mit dem Virus anstecken kann. Beide gehörten zu den deutschen Nationalspielern, die sich im November auf einer Länderspielreise mit Corona infiziert hatten. Bitter vermutet, dass er sich das Virus am 5. November im EM-Qualifikationsspiel gegen Bosnien-Herzegowina geholt hat.
Damals waren die Bosnier nach mehreren Corona-Fällen ebenfalls mit einem dezimierten Kader gegen Deutschland angetreten, kurz nach dem Spiel trat dann jedoch wieder ein positiver Fall im Team auf. Und wenig später wurden auch Bitter, Knorr und zwei weitere deutsche Spieler positiv getestet.
„Ich habe einfach die Erfahrung gemacht, dass was passieren kann in so einem Spiel, darum sehe ich das mit anderen Augen“, sagte Bitter. Knorr sprach davon, dass er nach einem schweren Krankheitsverlauf zwar Antikörper gebildet habe, aber dennoch ein „mulmiges Gefühl“ bleibe. „Denn ich weiß nicht, ob es vielleicht eine mutierte Version des Virus ist und ich mich vielleicht doch wieder anstecken kann.“
Um das Risiko zu minimieren, ließ der Weltverband bei Kap Verde wie bei allen anderen WM-Teams auch am Samstag wieder PCR-Tests durchführen. Nur wenn diese Ergebnisse wie am Vortag erneut negativ ausfallen, sollte der Partie nichts im Weg stehen.
Zunächst lagen diese Ergebnisse nicht vor. Und nicht alle Spieler im deutschen Team warten sehnsüchtig auf ihre Verkündung. Anders als Bitter möchte Rechtsaußen Timo Kastening das Corona-Thema so gut wie möglich ausblenden. „Stand jetzt spielen wir morgen gegen Kap Verde, und das ist ein Handballspiel, das gewonnen werden muss“, sagte der 25-Jährige. Dann wäre die DHB-Auswahl sicher in der Hauptrunde, sie will es mindestens bis ins Viertelfinale schaffen.
Vor dem abschließenden Vorrundenspiel gegen Ungarn am nächsten Montag ist ein Sieg gegen Kap Verde daher fest eingeplant. „Am Ende muss auch das Spiel gegen Kap Verde gespielt werden“, sagte Kastening. „Ob mit einem guten Gefühl oder einem schlechten, interessiert dann am Ende auch niemanden mehr.“