Am Sonntagnachmittag hielt Uwe Gensheimer sich nicht mehr zurück. Mit überraschend deutlichen Worten wehrte sich der Kapitän der deutschen Handballer gegen die aus seiner Sicht überzogene Kritik an seinen Leistungen bei der WM in Ägypten.
Auch die Fehlinterpretation eines Interviews nach dem 31:24-Sieg im zweiten WM-Hauptrundenspiel gegen Brasilien wollte der 34-Jährige nicht so stehen lassen. „Ich habe mich nie negativ über Spieler und Trainer geäußert und werde dies auch nicht tun. Wer mir Böses unterstellt, irrt“, sagte der Linksaußen in einer DHB-Mitteilung. „Die ständige externe Kritik empfinde ich als respektlos und mangelnde Wertschätzung.“
Der Auslöser des knappen Statements des Deutschen Handballbundes (DHB) war ein kurzes Gensheimer-Interview am Samstagabend unmittelbar nach dem Abpfiff. Auf die Frage, ob er die Kritik an ihm nachvollziehen könne, hatte Gensheimer im ZDF unter anderem geantwortet: „Ich weiß nicht, ob das der Vereinszugehörigkeit geschuldet ist. Missgunst und Neid sind manchmal schon ein bisschen da, habe ich das Gefühl.“ Außerdem meinte der Bundesliga-Profi der Rhein-Neckar Löwen, dass das Spiel der DHB-Auswahl noch mehr auf Linksaußen – also auf seine Position – ausgerichtet werden könnte. „Da kommt, glaube ich, auf der rechten Seite mehr an.“
Und genau dieser Satz führte zu Irritationen, da man ihn als Kritik an den eigenen Mitspielern deuten konnte. Nachdem Gensheimer am Sonntagmorgen zunächst geschwiegen hatte, wehrten sich bereits Bundestrainer Alfred Gislason und Rückraumspieler Kai Häfner gegen diese Interpretation. „Für mich ist Uwe der beste Linksaußen der Welt, ich kann mir keinen besseren Kapitän für uns vorstellen und kann die Kritik absolut nicht nachvollziehen“, sagte Häfner.
Auch Gislason nahm seinen Kapitän in Schutz: „Er macht seinen Job intern als Kapitän sehr gut. Es gibt keinen in der Mannschaft, der an ihm zweifelt.“ Trotzdem legten der DHB und Gensheimer am Sonntagnachmittag dann noch mit einer Pressemitteilung nach.
Nach einem schwachen Auftritt im WM-Auftaktspiel gegen Uruguay hatte die Kritik an Gensheimer zuletzt zugenommen. Zunächst ließ Gislason ihn in der richtungsweisenden Partie gegen Ungarn für mehr als eine Halbzeit auf der Bank. Anschließend griff Ex-Nationalspieler Markus Baur den 34-Jährigen in einem Interview von „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ überraschend deutlich an. Der Weltmeister von 2007 hatte unter anderem moniert, dass es der DHB-Auswahl in Ägypten an Führungsqualität fehle. Außerdem wendete er sich direkt an Gensheimer: „Vielleicht ist es zu viel für ihn: ein wichtiger Spieler zu sein und Kapitän der Mannschaft. Seine Körpersprache erstaunt mich.“
Als Gensheimer am Samstagabend im ZDF auf die Kritik angesprochen wurde, reagierte er zunächst genervt: „Eigentlich habe ich gar keinen Bock, auf die Frage zu antworten“, sagte er. Dann tat er es doch. Und am Sonntag wehrte er sich schließlich gemeinsam mit dem DHB. „Wir erleben ihn als hervorragenden Kapitän unserer Nationalmannschaft“, sagte Sportvorstand Axel Kromer. „Andere Einschätzungen bewirken auch bei seinen Mitspielern ausschließlich Kopfschütteln.“