Schalksmühle (dpa) – 111 Tage vor dem EM-Auftakt bastelt Christian Prokop schon fleißig an seinem Personalpuzzle – und träumt vom ersten Medaillen-Coup mit der DHB-Auswahl in seiner Amtszeit als Handball-Bundestrainer.
«Wir wollen am liebsten so schnell wie möglich einen Titel gewinnen. Wir sind in der Lage, Gold zu holen. Wir sind in der Lage, Silber oder Bronze abzuräumen. Dafür muss jedoch vieles passen», sagte Prokop bei einer Talkrunde in Schalksmühle.
Erwarten könne man solch einen Erfolg jedoch nicht – weshalb der 40-Jährige fast im gleichen Atemzug vor Euphorie warnt. «Überzogene Forderungen zu stellen, ist einfach nicht realistisch, denn da stehen Top-Nationen wie Dänemark, Frankreich oder Norwegen im Weg», betonte Prokop mit Blick auf die Endrunde vom 9. bis 26. Januar kommenden Jahres in Norwegen, Österreich und Schweden.
Dort will der WM-Vierte, der in der Vorrunde auf Titelverteidiger Spanien, die Niederlande und Lettland trifft, nach dem starken Auftritt bei der Heim-WM qualitativ den nächsten Schritt machen. Dafür sucht Prokop in den kommenden Wochen und Monaten das geeignete Personal. «Es gibt das Korsett der wichtigsten Spieler, das bei der WM zu sehen war», betonte der 40-Jährige, «aber auch einen gesunden Konkurrenzkampf.» Wie auf der Königsposition im linken Rückraum und der Spielmacherposition Rückraum Mitte, wo kein Spieler gesetzt sei. «Da sind konstante Leistungen in der Bundesliga ein wichtiges Kriterium», stellte Prokop klar.
Einen ersten Fingerzeig auf den EM-Kader werden die beiden Länderspiele Ende Oktober gegen Kroatien in Zagreb und Hannover liefern. Dann dürfen zum Beispiel Julius Kühn (MT Melsungen) und Simon Ernst (Füchse Berlin) nach langen Verletzungen auf ihr Comeback im DHB-Trikot hoffen. «Julius ist in einer richtig guten Form nicht wegzudenken aus der Nationalmannschaft, derzeit in seinen Leistungen aber noch schwankend», sagte Prokop. «Bei Simon gibt es eine stetige Entwicklung nach oben. Auf Rückraum Mitte brauchen wir einen Schub, daher ist er ein interessanter Mann.»
Zumal eine Rückkehr von WM-Pechvogel Martin Strobel ungewiss ist. Der Bundestrainer will dem 33 Jahre alten Spielmacher, der sich im Januar einen Kreuzband- und Innenbandriss im Knie zugezogen hatte, die EM-Tür lange offen halten. «Natürlich spielt Martin eine Rolle in meinen Überlegungen. Wir werden ihm alle Zeit der Welt geben», sagte Prokop der Deutschen Presse-Agentur.
Man müsse jedoch den Heilungsverlauf und die Leistungsentwicklung bei dem Routinier abwarten, dessen Comeback beim Bundesligisten HBW Balingen-Weilstetten für Anfang oder Mitte Oktober geplant ist. «Er muss dann von der Belastung her eine persönliche Entscheidung treffen, ob die Nationalmannschaft für ihn noch möglich ist. Und ich muss entscheiden, ob es von der Leistung reicht», sagte Prokop.
Spätestens wenn der Bundestrainer sein Team am 2. Januar 2020 in Frankfurt zum finalen Vorbereitungslehrgang mit Testspielen gegen Island am 4. Januar in Mannheim und gegen Österreich am 6. Januar in Wien zusammenzieht, müssen die dringendsten Personalfragen geklärt sein. Denn das EM-Ziel steht: «Wir wollen es von der Mentalität und dem Teamgeist her wieder so hinbekommen wie bei der WM», sagte Prokop – und dieses Mal auch eine Medaille mitnehmen.