Malmö (dpa) – Freudestrahlend posierte Sander Sagosen nach dem Sieg gegen Island mit seinen Teamkollegen für Jubel-Fotos – einen Tag später durfte Norwegens Topstar beim 33:30 gegen Slowenien den Trainingsanzug anbehalten.
Kräfte sparen war angesagt, denn das schon zuvor gebuchte Halbfinale gegen Kroatien am Freitag in Stockholm soll für Sagosen bei der Handball-EM nur eine Durchgangsstation sein. «Für mich persönlich geht es nur um eine Farbe – Gold. Und ich glaube, wir haben die Mannschaft dafür», hatte der 24 Jahre alte Rückraumschütze bereits vor einigen Tagen nach dem Prestige-Erfolg im Skandinavienduell mit Schweden sein Turnierziel formuliert.
Mit dem 31:28 gegen Island hatte der WM-Zweite Norwegen bereits am Dienstagabend den Einzug in die Medaillenrunde klargemacht. Und natürlich war Sagosen wieder der überragende Mann. Neun Tore steuerte er zum Sieg bei und erhöhte sein EM-Konto auf 51 Treffer. Damit ist er momentan der Top-Schütze der Endrunde – obwohl er im letzten Hauptrundenspiel gegen Slowenien nur Zuschauer war. «Er spielt gerade den besten Handball seines Lebens», lobte Norwegens Trainer Christian Berge den «König des Nordens», wie Sagosen von norwegischen Medien bereits getauft wurde.
Die EM könnte endgültig eine Wachablösung im von Europa dominierten Welt-Handball bringen, die sich seit einigen Jahren abgezeichnet hat. Nach dem vorzeitigen Scheitern von Weltmeister und Olympiasieger Dänemark sowie des dreimaligen Europameisters Frankreich gelten die Norweger als der große Favorit. Dieser Rolle werden sie bisher vollauf gerecht – und Sagosen hat daran einen großen Anteil.
Der 1,95 Meter große und 95 Kilogramm schwere Hüne aus Trondheim, der mit seinen sauber gescheitelten Haaren wie ein großer Junge wirkt, ist längst zu einem Topstar der Branche gereift. Dafür hat Sagosen viel getan – und die 2017 und 2019 als Zweiter jeweils knapp verpassten WM-Titel haben ihn dabei angetrieben. «In den WM-Finals habe ich nicht meine beste Leistung gezeigt», sagte er vor der EM und berichtete: «Also habe ich mich gefragt, wie muss ich mich körperlich und mental vorbereiten, um in solchen Situationen eine bessere Leistung zu bringen? Ich habe viel daran gearbeitet.»
Während die mehrmaligen Welthandballer Mikkel Hansen (Dänemark) und Nikola Karabatic (Frankreich), mit denen er bei Paris Saint-Germain noch bis zum Saisonende zusammenspielt, bereits zu Hause auf der Couch sitzen, ballert Sagosen den gegnerischen Keepern bei der XXL-EM die Bälle um die Ohren. «Er tut alles, um ein besserer Handballer zu werden. Er ist super im eins gegen eins – und er ist hungrig», sagte Norwegens Co-Trainer Börge Lund.
Das freut auch den deutschen Rekordmeister THW Kiel, zu dem Sagosen im Sommer wechselt. Die Bundesliga bekommt damit endlich wieder einen Topstar. «Ich möchte der Beste sein, das habe ich immer gesagt. Und das ist auch die Mentalität des THW. Sie wollen alles gewinnen. Ich kann mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen», betonte Sagosen nach seiner Verpflichtung. «Ich habe mich bewusst für diese neue Herausforderung entschieden.» Zuvor will er mit Norwegen aber noch den ersten internationalen Titel gewinnen. «Danach greift die ganze Mannschaft», verkündete Sagosen.