Die Handballer der Flensburg-Handewitt eilen aktuell von Sieg zu Sieg. Mit dem 29:22 am Sonntag gegen den Bergischen HC blieben sie auch im 49. Bundesliga-Heimspiel in Folge ungeschlagen – eine tolle Bilanz. Was auch einem Fan im 500 Kilometer Luftlinie entfernten Notteroy in Norwegen sehr gefallen dürfte: SG-Legende Johnny Jensen. Zu seinen aktiven Zeiten war der heute 49-Jährige ein bekennender Niederlagen-Hasser und ein wahrlich schlechter Verlierer.
„Ich verfolge das Geschehen rund um die SG noch immer mit großem Interesse“, sagt der ehemalige Handballprofi, der von 2003 bis 2010 das Trikot mit der Nummer 14 beim Flensburger Club trug. Immer, wenn sich die Gelegenheit ergibt, schaut er sich die Spiele der Machulla-Truppe im Internet an. Ein Besuch der Flens-Arena – sein letzter liegt bereits eineinhalb Jahre zurück – ist aus bekannten Gründen derzeit leider nicht möglich. Engeren Kontakt hat Jensen noch zu Lars Christiansen, „Head of Sport Development“, und vereinzelt auch zu den vier norwegischen Spielern der SG. Als unsere Zeitung vor kurzen im Vorwege des Nordderbys mit ihm telefonierte, war deutlich zu spüren, dass der Vater zweier erwachsener Kinder (22, 19) auch elf Jahre nach seinem Abschied aus der Fördestadt noch immer das SG-Gen in sich trägt: Einmal Flensburg, immer Flensburg!
Für die SG-Fans jedenfalls bleibt das frühere Kraftpaket unvergessen. Sie haben seine harte und kompromisslose Spielweise bewundert, ihn für seinen unermüdlichen Einsatz auf dem Parkett und seine herzliche Art abseits der Halle geliebt. Wenn nach einem Jensen-Tor „T.N.T.“ von AC/DC eingespielt wurde, stand die ganze Arena unter Strom. Die Verehrung gipfelte im Titel „Handballgott“.
Viele der damaligen Beobachter sind noch heute der Überzeugung, dass Johnny Jensen das entscheidende Bauteil für den Quantensprung der SG Anfang der 2000-er war. Mit seiner Aggressivität in der Abwehr und seiner Willensstärke im Angriff riss er alle mit und verwandelte den „Vize-Witz“ in einen Champion, der zahlreiche Titel sammelte. Seine persönliche Bilanz: 269 SG-Spiele, 525 Tore.
Heute bezeichnet sich der ehemals 100 Kilogramm schwere Modellathlet, der zusammen mit seiner Frau in Notteroy (100 km südlich von Oslo) lebt, als „gartenfit“. „Nach zwei Knieoperationen kann ich leider nicht mehr so viel machen, aber es ist okay“, sagt Jensen. Ein bisschen Krafttraining, tägliche Spaziergänge mit dem Hund und häufige Ausfahrten mit seinem Boot zählen zu seinen Freizeitaktivitäten.
Die Hauptrolle in seinem Leben spielt aber immer noch der Handball. Vormittags arbeitet der Deutsche Meister von 2004 als Dozent an einer Sportschule, nachmittags geht er – wenn es Corona zulässt – seinem Job als Trainer des Zweitligisten Falk Horten nach, den er seit der Saison 2017/2018 coacht. Zuvor war er in selbiger Funktion bei Notteroy IF tätig gewesen. Weiterhin gehört er dem Trainerteam der norwegischen U 19-Nationalmannschaft an, die er zusammen mit dem ehemaligen SG-Spieler Jan-Thomas Lauritzen betreut. Aufgrund dessen hält er engen Kontakt zu seinem früheren SG-Teamkollegen Christian Berge, der die norwegischen Männer trainiert.
„Mir bringt die Arbeit mit jungen Menschen sehr viel Spaß“, berichtet Jensen. Nichtsdestotrotz strebt der „Handballgott“ nach höheren Weihen. Allerdings ist der Arbeitsmarkt in Norwegen sehr überschaubar, nur ein Verein arbeite richtig professionell: Elverum. „Ich würde gerne wieder nach Deutschland zurückkehren“, gesteht er. „Allerdings nicht alleine. Meine Frau ist diesbezüglich noch nicht soweit.“
Dennoch ist in naher Zukunft ein Deutschland-Trip geplant. Wenn Corona es zulässt, gastiert Jensen mit der norwegischen U 19 beim Nations Cup in Lübeck im Juni: „Ein tolles Turnier. Dort bin ich schon zwei Mal gewesen. Hoffentlich klappt das.“