Andreas Wolff lässt in Tokio bisher ausschließlich Taten statt Worte sprechen. Deutschlands Handball-Nationaltorwart hat sich ein Schweigegelübde auferlegt – nach jedem Spiel verschwindet der 30-Jährige kommentarlos in der Kabine.
So auch nach seinem glanzvollen Auftritt beim 28:23 (14:11) gegen Norwegen. Das Reden überließ er seinem ebenfalls bärenstarken Kollegen Johannes Bitter, mit dem Wolff bei den Olympischen Spielen das Torwart-Gespann bildet. „Wir lassen jetzt ein bisschen die Seele baumeln, dann schauen wir mal auf die Tabelle, wie die Konstellation ist“, sagte Bitter vor dem Gruppenfinale gegen Brasilien an diesem Sonntag (12.30 Uhr/ZDF und Eurosport).
Starkes Torhüter-Duo gefordert
Dort wird es wieder auf das Duo zwischen den Pfosten ankommen, das gegen Norwegen einen Sahnetag erwischte. Denn trotz des überzeugenden Sieges im Duell mit dem EM-Dritten kann sich die DHB-Auswahl nicht in Sicherheit wiegen. „Mit dem falschen Ergebnis können noch drei Teams ausscheiden – Norwegen, Brasilien und wir“, rechnete Bundestrainer Alfred Gislason am Samstag vor und warnte daher: „Wir dürfen das auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen. Es ist ein Knockout-Spiel.“
Die Ausgangslage ist klar, auch wenn es noch verschiedene Szenarien für die deutsche Mannschaft gibt: Ein Sieg sichert definitiv den dritten Platz, ein Remis bringt mindestens Rang vier. Knifflig wird es bei einer Pleite. Die würde das Aus bedeuten, wenn Norwegen zuvor gegen Rekord-Weltmeister Frankreich punktet, könnte bei einer Niederlage der Skandinavier aber sogar für Rang drei reichen. In dem Fall käme es auf die Tordifferenz im Dreiervergleich mit den dann punktgleichen Brasilianern und Norwegern an. Gislason will den Rechenschieber aber gar nicht erst bemühen. „Wir wollen das Spiel gewinnen und uns den dritten Gruppenplatz holen“, sagte der 61 Jahre alte Isländer.
Zwei DHB-Siege dieses Jahr gegen Brasilien
Leicht wird das nicht, auch wenn das DHB-Team die Südamerikaner in diesem Jahr schon zweimal deutlich bezwungen hat. Bei der WM im Januar gab es in der Hauptrunde ein 31:24 und Anfang Juli im vorletzten Olympia-Test ein 36:26. „Da haben wir sie mit einem guten Tempospiel in den Griff gekriegt“, sagte Bitter. „Aber ob wir das im fünften Gruppenspiel athletisch noch so über die Bühne bekommen wie vor ein paar Wochen, müssen wir schauen.“
Gislason erwartet noch einmal 60 Minuten Schwerstarbeit für sein Team. „Brasilien ist stark im Kommen, da müssen wir schon höllisch aufpassen“, mahnte er zur Vorsicht. Unterschätzen werde man den Gegner auf keinen Fall, um nicht wie 2008 in Peking bereits nach der Vorrunde die Heimreise antreten zu müssen.
Bitter war damals schon dabei und weiß, wie sich solch ein sportlicher Tiefschlag anfühlt. Nach dem Norwegen-Spiel schielt der 38-Jährige wie seine Teamkollegen aber eher auf eine Medaille, die das große Ziel ist. „Für uns geht das Turnier jetzt richtig los“, sagte Bitter. „Wenn wir jedes Spiel gewinnen, weiß man genau, was passiert.“