Kumamoto (dpa) – Nach der schnellen Anreise aus dem japanischen Trainingsort Tokushima mit dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen und der Ankunft im Teamhotel in Kumamoto konnten die deutschen Handball-Frauen den WM-Auftakt kaum noch erwarten.
«Die Vorbereitung war lang. Wir freuen uns darauf, dass es endlich losgeht», sagte Rückraum-Ass Emily Bölk und forderte einen Turbo-Start am Samstag (07.00 Uhr) gegen Panamerika-Meister Brasilien: «Wir müssen von der ersten Sekunde an Vollgas geben. Wenn wir es schaffen, unser bestmögliches Niveau zu erreichen und über das ganze Turnier konstant abzurufen, kann das richtig gut werden.»
Schließlich geht es bei dieser Weltmeisterschaft um mehr als nur eine gute Platzierung. «Olympia ist im Hintergrund immer dabei, wir wollen in acht Monaten nochmal nach Japan reisen», sagte Bundestrainer Henk Groener und rief ein ambitioniertes Ziel für die Endrunde in Kumamoto aus: «Mein WM-Traum ist, dass wir uns auf Augenhöhe mit den Besten messen und bis zum Schluss dabei sind.»
Nach dem enttäuschenden Achtelfinal-K.o. bei der Heim-WM 2017 soll für die DHB-Auswahl mindestens der siebte Platz herausspringen. Damit wäre das Ticket für eines von drei Olympia-Qualifikationsturnieren im März 2020 sicher. Und die Sommerspiele locken gewaltig. «Das steckt nicht nur im Hinterkopf, sondern ist absolut präsent», sagte Kapitänin Kim Naidzinavicius. Torfrau Dinah Eckerle bekräftigte: «Natürlich ist Tokio das Ziel von jeder von uns.»
Erst einmal heißt es für den EM-Zehnten des Vorjahres aber, die Vorrunde zu überstehen. Dafür muss in der Gruppe B mindestens Rang drei her. Nach dem Auftakt gegen Brasilien am Samstag geht es einen Tag später gegen Underdog Australien, ehe die Hochkaräter Dänemark (3. Dezember), Welt- und Europameister Frankreich (4. Dezember) und zum Abschluss Asienmeister Südkorea (6. Dezember) warten. «Das wird eine schwierige Aufgabe gegen tolle Gegner», stellte Sportvorstand Axel Kromer fest.
Auch Groener, der die Niederlande 2015 zu WM-Silber geführt hatte, erwartet ein enges Rennen. «Bei einer WM gibt es fast nur Topteams. Alle werden sich das Leben richtig schwer machen», sagte der 59 Jahre alte Niederländer. Sollte der Sprung in die Hauptrunde gelingen, käme es dort mit größter Wahrscheinlichkeit zu einem brisanten Duell mit der Auswahl seines Heimatlandes.
Doch das ist Zukunftsmusik, zunächst liegt der Fokus auf der Vorrunde. Um nicht gleich unter Druck zu geraten, strebt das deutsche Team gegen Brasilien einen ähnlichen Traumstart an wie zuletzt bei der EM 2018, als der dreimalige Weltmeister Norwegen zum Auftakt überraschend geschlagen wurde. «Für uns ist das ein ganz wichtiges Spiel, in das wir alle Kräfte reinlegen wollen», sagte Julia Behnke.
Die Kreisläuferin vom russischen Topverein Rostow am Don zählt nach dem großen Umbruch im Anschluss an die WM 2017 zu den wenigen routinierten Kräften im jungen DHB-Team, in dem Naidzinavicius als einzige Spielerin mehr als 100 Länderspiele aufweisen kann.
«Viele reden davon, dass unserer Mannschaft die Erfahrung fehlt. Das kann aber auch Vorteile mit sich bringen, da einige unbedachter in das Ganze reingehen», sagte die 28-jährige Rückraumschützin und prophezeite: «Wenn wir unsere beste Leistung abrufen, werden wir mit unserer coolen Truppe eine richtig gute Zeit in Japan erleben.»
Das DHB-Aufgebot:
Tor: Dinah Eckerle (SG BBM Bietigheim/42 Länderspiele/1 Tor), Isabell Roch (Borussia Dortmund/22/0), Reserve: Ann-Cathrin Giegerich (Thüringer HC/8/0) – Feld: Julia Behnke (GK Rostow am Don/70/118), Jenny Behrend (VfL Oldenburg/8/10), Amelie Berger (SG BBM Bietigheim/15/22), Emily Bölk (Thüringer HC/46/129), Alina Grijseels (Borussia Dortmund/20/28), Ina Großmann (Thüringer HC/24/41), Antje Lauenroth (SG BBM Bietigheim/18/29), Shenia Minevskaja (Brest Bretagne HB/78/125), Kim Naidzinavicius (SG BBM Bietigheim/101/255), Meike Schmelzer (Thüringer HC/51/61), Luisa Schulze (SG BBM Bietigheim/86/109), Alicia Stolle (Thüringer HC/46/102), Maren Weigel (TuS Metzingen/20/23), Mia Zschocke (Bayer Leverkusen/18/8)