Köln (dpa) – Frank Bohmann ist um seinen Job derzeit nicht zu beneiden. Seit Wochen kämpft der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL) gemeinsam mit dem Präsidium und den Vereinsbossen um einen Ausweg aus der Corona-Krise, die die Branche in große finanzielle Nöte gestürzt hat.
An diesem Dienstag steht mit der Festlegung des Starttermins der Saison 2020/21 die erste wichtige Entscheidung an, die den Clubs ein wenig Planungssicherheit bringen soll.
Das HBL-Präsidium muss bei seiner Sitzung abwägen: Startet die Bundesliga im September ohne Zuschauer oder beginnt man erst im Oktober – mit einer dann größeren Chance auf ein begrenztes Publikum in den Hallen? «Jede Woche könnte helfen», sagte Bohmann der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das von der Bundesregierung bis Ende Oktober verlängerte Verbot von Großveranstaltungen. Gegen den späteren Starttermin spreche «der volle Terminplan, der dann immer enger wird». Für Liga-Präsident Uwe Schwenker und seine Präsidiumskollegen gibt es bei der Entscheidung also viele Aspekte zu bedenken.
FINANZEN: «Eines ist klar: Je länger der Shutdown für uns dauert, desto größer ist die Gefahr, dass uns die Luft ausgeht», betonte Schwenker jüngst. Ein Vorschlag des deutschen Meisters THW Kiel, die Spielzeit erst im Januar zu eröffnen, stößt in der Liga auf breite Ablehnung. «Wir müssen im September, allerspätestens im Oktober starten», sagte Bob Hanning, Manager der Füchse Berlin. Und Martin Schwalb, Trainer der Rhein-Neckar Löwen, bekräftigte: «Wir brauchen dringend unsere Zuschauer und Sponsoren in den Hallen.» Durch den Saison-Abbruch haben alle Clubs massive Einbußen erlitten.
ZUSCHAUER: Weil die Branche zu einem großen Teil auf die Einnahmen aus dem Ticketverkauf angewiesen ist, arbeitet die HBL mit Hochdruck an einem entsprechenden Konzept. Laut Bohmann sieht dieses zunächst eine 50-prozentige Auslastung der Hallenkapazität vor. «Wie in jeder anderen Branche auch müssen wir auf der Basis eines ausgeklügelten Hygienekonzepts einen Versuch machen dürfen. Diese Chance brauchen wir. Sollte dann etwas nicht passen, können wir nachsteuern und die Zuschauerzahl gegebenenfalls entsprechend reduzieren», sagte der HBL-Geschäftsführer unlängst der «Frankfurter Allgemeine Zeitung».
Zwar wäre der Spielbetrieb dann immer noch nicht rentabel, doch das Defizit fiele geringer aus. Denn eine komplette Saison mit Geisterspielen würde die Vereine in Existenznöte stürzen. «Ich glaube, dass ist für keinen einzigen Bundesligisten realisierbar», sagte Kiels Geschäftsführer Viktor Szilagyi.
SPIELPLAN: Heiß diskutiert wird auch darüber, wie mehr Partien in kürzerer Zeit ausgetragen werden können. Weil es wegen des Saisonabbruchs keine Absteiger gibt, spielt die Liga einmalig mit 20 statt 18 Teams. Der Januar ist mit zwei EM-Qualifikationsspielen und der Weltmeisterschaft in Ägypten wie immer komplett für die Nationalmannschaft geblockt. Im Sommer stehen dann auch noch die Olympischen Spiele in Tokio an. Dem Vorschlag von Doppelspieltagen steht Schwenker jedoch skeptisch gegenüber. Dies wäre seiner Ansicht nach «flächendeckend organisatorisch nicht umsetzbar».