Berlin (dpa) – Im edlen Ambiente der japanischen Botschaft in Berlin hatte Alfred Gislason das Olympia-Logo schon direkt vor Augen. Als selbstverständlich sieht der neue Handball-Bundestrainer die Reise zu den Sommerspielen in Tokio aber keineswegs an.
«Wir wissen, dass es schwer wird», sagte der 60-Jährige vor seinem Debüt im neuen Amt bei einer Pressekonferenz am Montag in der japanischen Vertretung: «Ich habe ganz konkrete Ideen, wie ich unser Spiel verbessern kann.»
Kurz zuvor hatte Gislason den 18-köpfigen Kader für den Lehrgang vom 9. bis 13. März in Aschersleben mit dem abschließenden Test-Länderspiel gegen die Niederlande in Magdeburg benannt. Doch der Blick ging schon voraus auf die Olympia-Qualifikation vom 17. bis 19. April in Berlin und vor allem die Sommerspiele in Tokio. «Wir wollen natürlich um die Goldmedaille spielen, ohne Alfred und die Mannschaft unter Druck zu setzen», sagte Vizepräsident Bob Hanning vom Deutschen Handballbund: «Wir sollten uns aber erst mal qualifizieren. Eine Goldmedaille ohne teilzunehmen – das ist relativ schwierig.»
Gislason, der das Amt erst am 6. Februar vom beurlaubten Christian Prokop übernommen hatte, soll die DHB-Auswahl in der Ausscheidung gegen Slowenien, Schweden und Algerien nach Tokio führen. «Ich werde die Zeit nutzen, vor allem taktisch einige Dinge zu ändern», sagte der Isländer. «Das macht aus meiner Sicht den Erfolg wahrscheinlicher.» Er habe nach seinem Amtsantritt «eine kleine Rundreise durch Deutschland gemacht, um mit den Spielern zu sprechen» und ihnen «vorgestellt, was wir in den nächsten Monaten vorhaben». Um was genau es sich dabei handelte, verriet er nicht.
Der Trainer setzt bei seiner Tokio-Mission im Feld auf das Gros der EM-Fahrer. Nur Kapitän Uwe Gensheimer, der mit einer Fußverletzung mindestens vier Wochen lang ausfällt, Paul Drux und David Schmidt sind aus dem EURO-Kader nicht dabei. «Ich habe gesagt, dass ich den Großteil so behalten möchte wie mein Vorgänger, denn wir haben nicht viel Zeit, um großartig was zu ändern», betonte Gislason: «Ich kann und will die Mannschaft nicht auf den Kopf stellen.»
Im Tor feiert Silvio Heinevetter sein Comeback. Der 35 Jahre alte Keeper von den Füchsen Berlin gehört genauso zu den Rückkehrern wie auch die Rückraumspieler Steffen Weinhold (THW Kiel) und Franz Semper (SC DHfK Leipzig) sowie Linksaußen Marcel Schiller (Frisch Auf Göppingen), der Gensheimer ersetzt.
Heinevetter hatte seinen Platz zwischen den Pfosten der DHB-Auswahl vor der EM, bei der Deutschland den fünften Platz belegte, an den Stuttgarter Johannes Bitter verloren. Nun profitiert er davon, dass Andreas Wolff wegen Verpflichtungen bei seinem Verein Vive Kielce erst am 12. März anreisen kann. «Silvio Heinevetter kommt herein, das liegt auch daran, dass Andi Wolff kurz vorher ein Spiel hat», begründete Gislason die Rückholaktion.
Allerdings sind Heinevetters Chancen gering, dass er auch bei der Olympia-Qualifikation in seiner Wahlheimat dabei ist. «Ich habe mit Silvio gesprochen, ich kenne ihn seit jungen Jahren. Bitter und Wolff sind die ersten Zwei, aber er kommt auch in Frage, weil er ein sehr guter Torhüter ist und die Gegner zur Verzweiflung bringen kann», sagte Gislason und stellte klar: «Wenn Andi Wolff zurückkommt, werden er und Bitter unser Duo bilden.»