Alfred Gislason gibt in diesen Tagen gerne den Gute-Laune-Bär. Vor seinem WM-Debüt als Bundestrainer der deutschen Handballer am Freitag gegen Uruguay ist der 61 Jahre alte Isländer die Ruhe in Person und sorgt abseits des Parketts für manchen Lacher.
„Alfred ist jemand, der im internen Kreis für lockere Stimmung sorgt. Es ist beeindruckend, was er schon alles im sportlichen und privaten Leben erreicht hat. Er hat jedes Mal eine Anekdote auf Lager, die den Tisch emotional zum Explodieren bringt. Das tut uns allen gut“, berichtete DHB-Sportvorstand Axel Kromer von den gemeinsamen Mahlzeiten im Teamhotel.
Die personellen Probleme im deutschen Team, das neun Absagen zu verkraften hatte, blendet Gislason genauso aus wie das Corona-Chaos bei der Endrunde in Ägypten rund um den Rückzug von Tschechien und den USA. Die volle Konzentration gilt einzig den sportlichen Dingen, die er beeinflussen kann. „In mir überwiegt der Isländer. Ich habe gelernt, schnell auf andere Umstände zu reagieren und mich auf das zu fokussieren, was ich habe“, sagte Gislason.
Die Vorfreude auf sein erstes großes Turnier im Amt, das er vor knapp einem Jahr von Christian Prokop übernommen hatte, will er sich durch die widrigen Begleitumstände nicht trüben lassen. „Ich versuche, das Gute an der Situation zu sehen. Ich freue mich trotz allem sehr auf dieses Turnier und darauf, nach der ganzen Wartezeit mit der Mannschaft zu arbeiten“, sagte Gislason und versprach: „Wir werden das Bestmögliche daraus machen.“
Diese Einstellung vermittelt er auch der neuformierten DHB-Auswahl und gibt ihr damit Sicherheit für die schwierige WM-Mission am Nil. „Er ist ein Ruhepol. Er weiß sehr gut zu balancieren zwischen Anspannung und locker lassen und gibt der gesamten Mannschaft damit ein sehr, sehr gutes Gefühl“, berichtete Routinier Kai Häfner am Mittwoch.
Auch WM-Neuling Sebastian Firnhaber, der Gislason schon aus drei gemeinsamen Jahren beim deutschen Rekordmeister THW Kiel gut kennt, ist voll des Lobes. „Alfred macht das überragend als Bundestrainer. Er bringt die nötige Ruhe rein, aber auch einige neue Dinge“, sagte der Abwehrspezialist vom HC Erlangen.
Für das WM-Turnier hat Gislason einen akribischen Plan ausgearbeitet – wie er es in der Vergangenheit als Vereinstrainer stets gemacht hat. Die Erfolge beim SC Magdeburg und in Kiel, wo er in elf Jahren insgesamt 20 Titel gewann, sind Beleg für sein überragendes Können. Davon soll nun auch die Nationalmannschaft profitieren. „Er ist ein herzlicher und offener Mensch, der oft die Kommunikation sucht. Es ist toll, einen Trainer mit so viel Erfahrung zu haben, der im Handball schon alles erlebt hat“, sagte sein Assistent Erik Wuttke.
Wie gut die DHB-Auswahl unter Gislason schon ist, wird sich jedoch erst im Turnierverlauf zeigen. Uruguay dürfte dafür ebenso kein Maßstab sein wie der zweite Vorrundengegner Kap Verde, dessen WM-Vorbereitung durch mehrere Corona-Fälle im Team empfindlich gestört wurde. Beide Spiele sind nur eine erste Standortbestimmung vor dem Gruppenfinale gegen Ungarn, das ebenfalls nur eine Durchgangsstation auf dem angestrebten Weg ins Viertelfinale sein soll.
Immerhin: Gislasons Zuversicht, die K.o.-Phase des XXL-Turniers mit erstmals 32 Mannschaften zu erreichen, wächst mit jedem Tag. „Ich bin extrem zufrieden mit der Mannschaft“, sagte er vor dem WM-Auftakt. „Alle versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.“