Frustration und Enttäuschung bei Handball-Rekordmeister THW Kiel sind gewaltig wie lange nicht.
Nur fünf Tage nach der geradezu sensationellen Pleite im Halbfinale des DHB-Pokals gegen den späteren Sieger TBV Lemgo-Lippe scheint dem Titelhamster die nächste Trophäe abhandenzukommen. Die 33:34-Niederlage beim SC Magdeburg am Dienstagabend könnte sich im Meisterschaftszweikampf mit dem Nordrivalen SG Flensburg-Handewitt als entscheidende Schlappe erweisen. Fünf Spieltage vor Saisonabschluss liegen wieder die Flensburger vor den Kielern.
„Saison ist noch nicht zu Ende“
„Man muss davon ausgehen, dass sich Flensburg das nicht mehr nehmen lässt“, sagt THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi. „Wenn sie ihren Vorsprung durchbringen, haben sie es verdient, den Titel zu holen.“ Szilagyi betont aber auch: „Die Saison ist noch nicht zu Ende. Wenn Flensburg etwas liegen lässt, müssen wir da sein.“ Der Kieler Kapitän Domagoj Duvnjak gesteht aber: „Es fällt mir schwer, jetzt noch Optimismus zu zeigen.“
Unabhängig vom Saisonausgang rät Szilagyi zu Sachlichkeit: „Es gibt zwei wichtige Grundsätze: Nie völlig durchdrehen im Erfolgsfall und nie alles in die Tonne treten bei Misserfolg.“ Verpasst der THW die Meisterschale, steht der Bundesliga-Krösus in dieser Saison blank da. „Stimmt nicht“, protestiert Szilagyi. „Dann wären wir nicht titellos. Wir haben erst im Dezember die Champions League gewonnen, diesen großen Titel nach sechs Jahren endlich wieder nach Deutschland geholt, auch wenn er wegen der Corona-Verlegung der vergangenen Saison zugerechnet wird. Aber die großartige Leistung haben wir in dieser Saison erbracht.“
Eine Fehlleistung gesteht der Geschäftsführer ein: „Die Pokalniederlage im DHB-Pokal müssen wir uns vorwerfen lassen. Alles andere war nahe am Limit. Die Jungs haben alles gegeben.“
Die auf dem Papier größte Chance für einen Fehltritt der Flensburger gibt es wohl am 17. Juni, wenn die SG die Füchse Berlin empfängt. Allerdings gilt auch für den Rekordmeister und Titelverteidiger aus Kiel noch Stolpergefahr: Am letzten Spieltag geht es am 27. Juni zu den Rhein-Neckar Löwen.
Drei Verletzte
Als wäre die Niederlage in Magdeburg nicht bitter genug, muss das Team von Trainer Filip Jicha drei Verletzte beklagen. Kreisläufer Hendrik Pekeler, der wegen Nachtretens die Rote Karte sah, trug eine Fußverletzung davon. Steffen Weinhold schlug mit dem Kopf auf den Boden auf, zog sich eine klaffende Platzwunde über dem rechten Auge zu und muss erneut eine Gehirnerschütterung befürchten. Niclas Ekberg humpelte mit einer Knieverletzung vom Feld. Ein Ausfall des Schweden würde den THW schwer treffen, ist er mit insgesamt 205 Treffern doch der beste Werfer der Zebras.
TV-Experte Stefan Kretzschmar sieht keine Langzeitfolgen auf den THW zukommen, sollte er die Meisterschale verpassen. „Sollte es ein Jahr ohne Titelgewinn werden – in dieser besonderen Corona-Saison – ist das nichts, was den THW aus der Bahn werfen würde. Das wird ihn nicht umbringen.“