Malmö (dpa) – Die Weltmeister blickten enttäuscht und konsterniert durch die Arena von Malmö, die völlig misslungene EM ließ die dänischen Handballer mit großer Ratlosigkeit zurück.
Auch der bedeutungslose 31:28-Sieg gegen Russland zum Abschluss brachte nach dem frühzeitigen Ausscheiden kein Lächeln mehr auf die Gesichter von Superstar Mikkel Hansen und seinen Teamkollegen. «Als Team haben die letzten fünf bis zehn Prozent gefehlt, darauf hätte ich schauen müssen. Das ist meine Verantwortung», sagte Coach Nikolaj Jacobsen und stellte sich vor sein Team. «Es ist klar: Wenn man rausfliegt, dann habe ich meine Arbeit nicht gut genug gemacht.»
Nach Frankreich verabschiedete sich damit auch ein zweiter Topfavorit bereits in der Vorrunde aus dem Turnier. Für die Handball-Nation Dänemark ist das ein besonders bitterer Moment. «Vom WM-Triumph zum totalen EM-Fiasko», schrieb die Zeitung «Berlingske». Wahlweise war in den dänischen Medien am Donnerstag auch von «EM-Schock» oder «EM-Alptraum» zu lesen. Der Sender TV2 konstatierte: «Der Weltmeister ist raus bei der EM, bevor die überhaupt ernsthaft angefangen hat.»
Es ist das erste Mal im aktuellen EM-Modus, dass ein Weltmeister direkt in der Vorrunde rausfliegt. Offiziell schließt Dänemark die EM damit auf Platz 13 ab, das ist die schlechteste EM-Platzierung eines amtierenden Weltmeisters oder Olympiasiegers überhaupt. Niemals stand ein dänisches Team bei der Euro schlechter da, abgesehen von 1998 – damals hatte sich das Land nicht einmal qualifiziert.
Angesichts einer Armada an Topspielern kommt das Aus der Dänen völlig unerwartet. Aber Leistungsträger wie Rasmus Lauge oder Hansen kamen kaum in Fahrt. Es fehlte über weite Strecken der drei Begegnungen an Durchschlagskraft und Ideen, mangelte dagegen aber nicht an vermeidbaren individuellen Fehlern. «Leider konnten wir die Erwartungen nicht erfüllen», bilanzierte Michael Damgaard. Torwart Jannick Green rang um die richtigen Worte. «Das ist so surreal», sagte er. «Das ist enorm enttäuschend, eine enorme Leere.»
Diese Leere konnte man den Mienen der Dänen bereits vor dem Spiel ansehen. In der Arena in Malmö erlebten sie live mit, wie das bereite für die Zwischenrunde qualifizierte Island immer wieder an Ungarns Keeper Roland Mikler scheiterte und in der zweiten Hälfte schließlich völlig unterging. Durch die 18:24-Niederlage der Isländer war schon vor dem Anpfiff gegen Russland klar, dass Dänemark raus war.
Die bedeutungslose Begegnung gegen die Russen brachten die Dänen am Mittwochabend dann mit Anstand über die Bühne. «Das Spiel war wichtig für unsere Selbstachtung», sagte Hansen. Auch Abwehrchef Henrik Møllgaard sah in dem Sieg ein wichtiges Signal: «Das war nicht das lustigste Spiel der Welt, aber wir haben uns herausgekämpft, und der harte Kampf, um zurück an die Spitze zu kommen, hat bereits hier begonnen.»
Wie erwartet sind nun drei skandinavische Teams in der Zwischenrunde dabei – nur eben neben Schweden und Norwegen nicht der große Favorit Dänemark, sondern das kleine Island. Bis zu den Olympischen Spielen im Sommer muss Trainer Jacobsen herausfinden, an welchen Stellschrauben er drehen muss. Zunächst ist aber die Verarbeitung der EM-Pleite angesagt. «Es wird einige Zeit dauern, sich davon zu erholen», sagte er dem dänischen Rundfunksender DR. «Für die Spieler geht das Leben schnell weiter. Ich darf nur gegen eine weiße Wand starren und meinen Kopf dagegen schlagen.»