Begeisterung geht anders. Den Kopf tief gesenkt, die Miene versteinert, saß Alfred Gislason auf der Auswechselbank und blickte apathisch ins weite Rund der zuschauerleeren New Capital Sports Hall in Kairo. Der Stachel der Enttäuschung saß tief im Fleisch des deutschen Handball-Bundestrainers, dem in diesem Moment, wenige Sekunden nach dem verlorenen Schlüsselspiel gegen Spanien, bewusst war: Das war’s! Das Ende aller WM-Träume ist nah.
Geringe Chance auf K.o.-Runde
Gislason wusste: Die 28:32 (13:16)-Niederlage gegen den amtierenden Europameister zum Auftakt der Hauptrundengruppe 1 bedeutet mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass das Viertelfinale am kommenden Mittwoch ohne deutsche Beteiligung stattfindet. Mit 2:4 Punkten ist die DHB-Auswahl aktuell Tabellenvierter. Die Chancen auf die Plätze eins oder zwei, derzeit von Ungarn (6:0) und Spanien (5:1) eingenommen, sind auch aufgrund der verlorenen direkten Vergleiche nur noch von theoretischer Natur.
Führung verspielt
„Wir haben ein geiles Spiel gemacht und waren kurz davor, davonzuziehen“, sagte der starke Torhüter Johannes Bitter und meinte die Phase Mitte zweiter Halbzeit, als die DHB-Auswahl mit drei Toren (24:21) in Front ging. „Doch leider brechen uns dann zwei, drei Fehler das Genick.“
Ähnlich sah es sein Coach. „Letztendlich schlagen wir uns selbst, weil wir in der entscheidenden Phase zu viel Risiko eingegangen sind und zu viele Fahrkarten geworfen haben“, sagte Gislason nach den wechselvollen 60 Minuten, in denen die Spanier Vorteile in Sachen Cleverness und Routine besaßen.
Schwacher Schlussspurt
Der Isländer hatte einen „optimalen Tag“ seiner Truppe als Voraussetzung für einen Erfolg ausgerufen, doch davon waren Gensheimer und Co. in der Neuauflage des EM-Finales von 2016 besonders im Schlussviertel ein Stückchen entfernt. Vieles passte im deutschen Spiel, aber in entscheidenden Dingen waren die ausgebufften Spanier eben ein paar Prozente besser. Dazu zählten die Torhüterleistung, das Rückzugsverhalten, die letzte Überzeugung beim Abschluss – und auch das Glück.
Spanier ohne Gnade
Dabei war das deutsche Team trotz eines Drei-Tore-Pausenrückstands mit viel Biss und guter Körpersprache in die zweite Halbzeit gestartet. Der Lohn: der 18:18-Ausgleich (36.). Die Männer in den weißen Trikots spürten: Hier geht was. Häfner und Kastening trafen, Bitter parierte, Deutschland kämpfte – und legte per tollem Zwischenspurt ein 24:21 (43.) vor. Die „alten“ Herren um den fast 40-jährigen Regisseur Raul Entrerrios wirkten überrascht und angeknockt, doch sie behielten kühlen Kopf. Und sie bestraften fortan jeden deutschen Fehler gnadenlos. Mit einem 9:2-Lauf zum 30:26 (55.) drehten sie das Spiel.
Deutschland: Bitter (ab 28.), Wolff – Gensheimer (3), Golla (4), Knorr (1), Firnhaber, Weber (2), Groetzki (n.e.), Häfner (6), Preuss, Schiller (3/3), Kühn, Böhm, Kastening (7), Schmidt, Drux (2). Spanien: Corrales, Perez De Vargas – Maqueda (2), Fernandez (6), Entrerrios (4), A. Duschebajew (5), Sarmiento (2), Sole (5/3), Figueras (2), Canellas (2), Morros, Gomez (1), Arino, Guardiola, Marchan, D. Duschebajew (3). Schiedsrichter: Gubica/Milosevic (Kroatien). Zeitstrafen: 5:3 – 7m: 4:4. |