Die emotionale Verabschiedung aus der Handball-Nationalmannschaft ist verdaut, jetzt hat Patrick Wiencek Titelhunger. „Es wäre eine Ehre, den Pokal zu holen“, sagt der Kreisläufer des THW Kiel.
Final Four, voll besetzte Ränge in der Hamburger Barclays-Arena, vier Fanlager in den Vereinsfarben, auf dem Feld knackige K.o.-Spiele – „ich kriege Gänsehaut, wenn ich daran denke“, schwärmt der 33 Jahre alte Wiencek.
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TBV Lemgo? Da war doch was
Mit dem personell voll besetzten THW trifft er am Samstag im ersten Halbfinale auf den TBV Lemgo Lippe. „Wir wollen vergessen machen, was beim letzten Final Four geschehen ist“, sagt Wiencek.
Rückblick: Am 3. Juni führten die klar favorisierten „Zebras“ in Hamburg zur Pause schon mit 18:11 gegen Lemgo, das Finale war quasi gebucht. Am Ende jubelte aber nach einer furiosen Aufholjagd der spätere Pokalsieger. Eine offene Rechnung gebe es laut Wiencek aber nicht mehr, die habe der THW an Weihnachten beim 32:19-Erfolg in der Bundesliga beglichen.
2. Welle, die Handball-Kolumne: Köln statt Hamburg: Ein Abschied mit Wehmut
Das Ziel ist klar: Das Finale am Sonntag gegen den SC Magdeburg oder den HC Erlangen. „Wir sind Zweiter, Magdeburg Erster – mit Blick auf die Bundesliga-Tabelle sind beide die Favoriten“, sagt Wiencek. Aber aus eigener Erfahrung weiß er: „In Hamburg kann viel passieren.“
Ein Herz für Hamburg
Hamburg – ein Handball-Schauplatz mit Kult-Charakter. „Ich habe den Pokal immer mit dieser Stadt verbunden“, meint Wiencek. Den Entschluss der Handball-Bundesliga (HBL), die seit 1994 in der Hansestadt ausgespielte Endrunde kommendes Jahr nach Köln zu verlegen, sieht Wiencek zwiespältig:
HBL-Präsident Uwe Schwenker verteidigte den Traditionsbruch gegenüber der Handballwoche. „Der Umzug hat in erster Linie wirtschaftliche Gründe. Eine Halle mit 20.000 Zuschauern Fassungsvermögen bietet ganz andere Möglichkeiten“, so Schwenker.
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Neue Freiräume für Patrick Wiencek
In das vorerst letzte Final Four im Norden geht Wiencek bestens ausgeruht. Die zurückliegende Länderspielpause war für den aus dem Nationalteam zurückgetretenen 33-Jährigen nur emotional belastend. „Ich möchte nie im Mittelpunkt stehen“, sagt er.
Doch in der vergangenen Woche waren die Scheinwerfer in seiner Kieler Arena auf ihn gerichtet, als er nach 159 Einsätzen für Deutschland verabschiedet wurde. „Ein Riesenprivileg“, meint Wiencek. Aber er sei froh, „dass der Tag hinter mir liegt“.
Seit dem Rücktritt im März habe er Zeit zum Durchschnaufen, die es sonst nie gab.
Die neu gewonnene Freizeit könnte ihm beim Besuch der Eltern auch mal wieder einen Stadionbesuch beim MSV Duisburg ermöglichen. Der Fußball-Drittligist aus seiner Heimatstadt hat einen festen Platz in Wienceks Herzen. „Früher hatte ich sogar eine Dauerkarte.“ Noch heute informiert er sich regelmäßig über die Lage des Traditionsclubs aus dem Ruhrpott, der nach langem Kampf wohl die Klasse hält.
Entscheidung für den Körper und den THW
Wiencek nutzte die Länderspielfenster im März und April auch zum Regenerieren und Trainieren. „Früher habe ich ältere Mitspieler wie Christian Sprenger belächelt, wenn die Zeit zur Regeneration brauchten.“ Mit 33 trifft das nun auch auf ihn zu. Der Körper schmerzt.
Deshalb sei es alternativlos gewesen, sich fortan auf den THW zu konzentrieren. „Ich will noch einige Jahre Handball spielen“, sagt Wiencek, der in Kiel bis 2023 unter Vertrag steht.
Und er will noch viele Titel holen, um seinen Hunger zu stillen. Der zwölfte Pokalsieg des THW – es wäre Wienceks vierter – soll nur das erste Häppchen sein.
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