Das letzte EM-Spiel der deutschen Mannschaft spiegelte noch einmal alles wider, was sie bei diesem Turnier erlebt hat: Es gab gute Szenen, aber auch Phasen zum Haare raufen. Gegen Russland hätte man auch verlieren können, so wurde es aber ein Super-Abschluss nach zwei kuriosen Wochen.
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Undankbare Aufgabe für Gislason
Es war zu sehen, dass dem Restaufgebot Eingespieltheit, Kontinuität und eine klare Struktur fehlten. Die Spieler haben es mit Leidenschaft, Kampfgeist und individuellen Lösungen kompensiert. Alfred Gislason hatte eine sehr undankbare Aufgabe, um die ich ihn nicht beneide. Es gab kaum Training, Besprechungen liefen meist über Videocall. Aber viele Dinge lassen sich nicht virtuell erarbeiten, sondern nur in der Trainingshalle. Um Abläufe einzustudieren, brauchen die Spieler das Gefühl für Raum, Tiefe, Abstände und Wege. Diese Möglichkeit gab es nicht und das wiegt ebenso schwer wie die Ausfälle von Spielern an sich.
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Die Konkurrenz ist nicht weit weg
Alfred Gislason hat in seinen zwei Jahren als Bundestrainer nicht einen Tag so arbeiten können wie er möchte. Man sah, dass er an der Seitenlinie das Feuer hatte, aber es war auch Frust zu spüren. Denn was wäre unter normalen Umständen möglich gewesen? Gegen Norwegen und Schweden hatten die Deutschen Chancen, Frankreich ist nicht mehr so dominant wie früher, Spanien ist im Umbruch. Unser Team ist da nicht ganz weit weg.
Junge Spieler machen Hoffnung
Wir haben ganz viel Grund zum Optimismus, dass wir zur Heim-EM 2024 eine starke Auswahl stellen können. Alfred hat – notgedrungen – viele Spieler gesehen und sie unter Wettkampfbedingungen erlebt. Wenn Spieler wie Julian Köster, Lukas Stutzke und wie sie alle heißen mit dieser Energie weitermachen, an Erfahrung und Coolness gewinnen, muss der Bundestrainer sehr gut überlegen wen er überhaupt noch von denen zurückholt, die jetzt nicht dabei waren.
Die Rolle von Jim Gottfridsson
Ich hoffe jetzt, dass „meine“ Dänen und Schweden den Rest der EM gesund überstehen und mit Medaillen zurückkommen. Ich sehe mit Stolz, wie die Schweden im Stil der SG Flensburg-Handewitt spielen. Jim Gottfridsson ist dort zur absoluten Führungspersönlichkeit gereift, die alles steuert. Schweden hat nicht immer seinen besten Handball gespielt, war aber auf den Punkt da, als es darauf ankam. Zum Titel wird es aber wohl nicht reichen. Dänemark ist in der Breite so gut aufgestellt wie keine andere Mannschaft.
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