Es sind schon seltsame Tage für die deutschen Handballer bei der Europameisterschaft in Bratislava. Nach dem Abpfiff des ersten Spiels der Hauptrunde am Donnerstag gegen Titelverteidiger Spanien (23:29) fuhren Mannschaftskapitän Johannes Golla und Co. sofort zurück zum Hotel.
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Keine Analyse in der Kabine, und auch keine Körperpflege. Nur schnell umziehen, ein paar Interviews geben und dann ab in die Unterkunft. „Wir duschen auf unseren Zimmern“, berichtete Golla.
Spieler verlassen Zimmer nur für PCR-Test oder Essen holen
Nach zwölf Coronainfektionen im Team ist man beim Deutschen Handballbund (DHB) vorsichtig geworden. So vorsichtig, dass es sogar kein gemeinsames Training mehr gibt. Nach der Ankunft im Hotel gehen die Spieler sofort auf ihre Zimmer und verlassen sie nur für den obligatorischen PCR-Test oder, um sich etwas zu essen zu holen. Gegessen wird dann wieder auf dem Zimmer. Bloß kein Risiko eingehen.
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„Das ist schon skurril“, sagt Linksaußen Rune Dahmke.
Die Vorbereitung auf das zweite Spiel der Hauptrunde gegen Norwegen am späten Freitagabend erfolgte ausschließlich am Laptop. Bundestrainer Alfred Gislason schickte jedem Spieler via Dropbox Sequenzen zum kommenden Gegner, in einem gemeinsamen Videocall wurden dann noch einmal taktische Details besprochen.
Dartspielen und Kartenrunden müssen 2022 ausfallen
„Das ist natürlich alles andere als optimal“, sagt Dahmke, der wie seine Teamkollegen einen Großteil des Tages vor dem Bildschirm verbringt. Und mit Lesen. Oder mit athletischen Übungen in den eigenen vier Wänden. Rückraumspieler Christoph Steinert hält sich beispielsweise mit Yoga fit. „Irgendwas muss man ja machen, um nicht einzurosten und die Zeit zu überbrücken.“
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Das in der Mannschaft so beliebte Dartspielen muss 2022 ebenso ausfallen wie gesellige Kartenrunden oder Duelle an der Tischtennisplatte. Dahmke: „Irgendwie müssen wir ja die Infektionskette durchbrechen.“
Die Whatsapp-Gruppe glüht
Kommuniziert wird über eine gemeinsame Whatsapp-Gruppe. „Die hat noch nie so geglüht wie jetzt“, schmunzelt Golla, der aber „langsam Schwierigkeiten bekommt, das alles einzuordnen. Hätte mir das vor ein paar Wochen jemand erzählt, hätte ich es nicht für möglich gehalten. Aber wir müssen die Situation so annehmen wie sie ist.“
Ein Rückzug von der EM ist für Golla keine Option. „Das will keiner. Wir ziehen das jetzt durch.“
Rückzug hätte Konsequenzen
Ein freiwilliges Ausscheiden aus dem laufenden Turnier hätte für den Deutschen Handballbund auch erhebliche Konsequenzen zur Folge. „Ein Rückzug hätte nach unserem Rechtssystem eine Sperre der Nation bedeutet, also keine Teilnahme an einer WM-Qualifikation und schwierige Umstände hinsichtlich der EM 2024“, sagte der Generalsekretär des europäischen Verbandes EHF, Martin Hausleitner, am Freitag. Die nächste kontinentale Endrunde soll in zwei Jahren in Deutschland stattfinden – die will natürlich niemand gefährden.
Und so werden die seltsamen Tage in Bratislava für die deutschen Handballer erst einmal weitergehen. Auch nach dem Spiel gegen Norwegen geht es für Golla und Co. umgehend zurück zum Hotel. Zurück in die Isolation.