Er ist einer, der etwas zu sagen hat – auch, wenn es vielleicht nicht immer jeder hören will. Bob Hanning hat sich in der Bundesliga und als Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes den Ruf erarbeitet, ein Macher zu sein und für klare Kante zu stehen.
Dementsprechend meinungsfreudig zeigt sich der 53-Jährige in dem gemeinsam mit Christoph Stukenbrock geschriebenen Buch „Hanning. Macht. Handball.“ In dem schildert Hanning seine bewegte Trainer- und Funktionärslaufbahn und berichtet, wie er als Geschäftsführer die Füchse Berlin vom Zweitliga-Kellerkind zum internationalen Topklub entwickelte.
Und so sehr Hanning auch manchmal polarisieren mag. Wer sich mit ihm unterhält, stellt schnell fest: Der Typ mit den komischen bunten Pullovern ist eigentlich ganz nett. Im Interview spricht Hanning über sein Buch, seine extravagante Kleidung sowie den deutschen Handball und erklärt, wie ihm „House of Cards“-Bösewicht Francis Underwood dabei half, sich beim Deutschen Handball-Bund zurechtzufinden.
Wie waren die Reaktionen auf Ihr Buch?
Ganz gegen den Trend bekomme ich jeden Tag positive Mails von Menschen, denen das Lesen des Buches viel Freude machte und die lobten, dass sie viel Wissenswertes über den Handball und mich erfuhren. Das freut mich, da ich sonst ja eher polarisiere.
In den vergangenen Jahren gab es in der Bundesliga an der Spitze meistens den Zweikampf zwischen Flensburg und Kiel. Aktuell sind Magdeburg und die Füchse aus Berlin vorne. Ist die Ära der beiden Nordklubs vorbei?
Die Spitze ist auf jeden Fall breiter geworden. Da auch die Rhein Neckar Löwen und Melsungen viel Potenzial haben, besteht zumindest die Hoffnung, dass es oben auf Dauer etwas spannender wird. Im Moment hat Magdeburg die besten Karten. Auch wenn es jedem Fan des THW Kiel weh tun wird: Es wäre nicht verkehrt, wenn es mal einen anderen deutschen Meister gibt.
Viele Vereine bangten wegen Corona um ihre Existenz. Hat sich die Situation im Handball stabilisiert?
Dank der staatlichen Hilfen und der Unterstützung vieler Partner, die auch in der Pandemie den Sport weiter förderten, ist die Liga sehr gut durch die Krise gekommen. Wir müssen dankbar sein, dass wir unseren Sport weiter ausüben durften und damit privilegiert waren.
Haben Sie Sorge, dass bald wieder Geisterspiele drohen?
Die Sorge habe ich nicht. Es kann sicherlich über den Winter wieder zu Einschränkungen kommen. Ich glaube aber nicht, dass sie so massiv sein werden wie zuvor. Aktuell hat der Handball keine nennenswerten Probleme. Wir haben den Verband komplett saniert. Der steht so gut da wie noch nie und kann sich seine Sponsoren aussuchen. Auch die Liga ist stabil. Nun müssen wir schauen, dass wir wieder mehr Kinder für den Handball begeistern und den Mitgliederschwund aufhalten.
Sie waren acht Jahre Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes. Was hat sich während dieser Zeit verändert?
Wir haben den Verband einmal komplett gedreht und das Ehrenamt durch hauptamtliche Mitarbeiter ersetzt. Zudem haben wir im Sponsoring unfassbare Erfolge gefeiert. Es hat also in allen Bereichen eine Professionalisierung stattgefunden. Mit der Junioren-WM, der Männer-EM und der Frauen-WM stehen wir in Deutschland vor einem Jahrzehnt des Handballs. So viele Großereignisse gibt es in keinem anderen Land.
Ist der deutsche Handball sportlich noch Weltklasse?
Nein. Nach dem Europameistertitel 2016 und der Bronzemedaille bei Olympia fehlte die Nachhaltigkeit. Das ist auch das, was mir in meiner Zeit beim DHB am meisten weh tat. Eine deutsche Mannschaft muss bei den großen Turnieren eigentlich immer im Halbfinale stehen. Das haben wir nicht geschafft. Uns haben zuletzt der Hunger und die Leidenschaft gefehlt und auch die Bereitschaft des ein oder anderen Nationalspielers war nicht so, wie sie hätte sein sollen. Hendrik Pekeler kritisierte zu Recht, dass es bei Olympia zu viele Totalausfälle gab. Einige haben gerade 2021 ihr eigenes Ding gedreht und dafür sind wir alle bitter bestraft worden.
Die Nationalmannschaft steht vor einem Neuaufbau. Wie sind die Erfolgsaussichten?
Es ist gut und richtig, dass der Bundestrainer einen Neuaufbau in Angriff nimmt. Vielleicht bekommen wir wieder einen Zusammenhalt hin, wie wir ihn bei der Europameisterschaft 2016 hatten.
Sie haben auch einige Jahre in Hamburg gearbeitet. Freuen Sie sich, dass der HSVH wieder erstklassig ist?
Ja, vor allem für Trainer Torsten Jansen, den ich früher als Spieler trainiert habe und mit dem ich deutscher A-Jugendmeister geworden bin. Uns verbindet eine enge Freundschaft. Ich freue mich aber nicht nur für ihn, sondern auch für den Handball-Standort Hamburg.
Sie trainieren nun auch den Drittligisten VfL Potsdam. Wie kam es dazu?
Wir wollen bei den Füchsen Berlin für unsere Top-Talente einen Zweitligisten in unserer näheren Umgebung haben. Deshalb wurde der VfL auch schon vorher von uns finanziell unterstützt. Das Ergebnis war aber nicht so, wie wir es uns gewünscht haben. Als dann der VfL vorschlug, noch einmal die Kräfte zu bündeln, habe ich mich bereit erklärt, das Traineramt zu übernehmen. Die Arbeit bringt mir unglaublich viel Spaß.
Geschäftsführer und Jugendtrainer bei den Füchsen, Trainer des VfL Potsdam, dazu von 2013 bis 2021 Vizepräsident des DHB. Welche Aufgaben bereiteten Ihnen bisher am meisten Freude?
Am meisten Spaß bringt es mir, mit den Jugendmannschaften in der Halle zu trainieren und junge Menschen zu entwickeln. Alles andere brauche ich nicht für mein persönliches Glück. Ohnehin genieße ich jeden Tag die Arbeit bei den Füchsen. Im Handball kommt für mich nichts anderes mehr in Frage.
Ihre bunten Pullover brachten den Handball in die Schlagzeilen. Bräuchte der Handball grundsätzlich mehr Farbe und Glamour?
Auf das Thema „Bunte Pullover“ hat sich in den vergangenen Jahren ziemlich viel fokussiert. Ich habe das Buch gemeinsam mit Christoph auch deshalb geschrieben, um zu zeigen, wer hinter dem Menschen mit den bunten Pullovern steckt. Ich finde grundsätzlich, dass unserem Sport ein bisschen Glamour und Farbe gut tun. Die Pullover sollten deshalb gerade während meiner Zeit beim DHB für Veränderung und Vielfalt stehen. Ich glaube aber, dass der Verband inzwischen auch ohne den Mann mit den bunten Pullovern sehr gut zurechtkommt.
In Ihrem Buch erwähnten Sie Ihre Vorliebe für die Serie „House of Cards“, in der sich die von Kevin Spacey gespielte Hauptfigur Francis Underwood durch Intrigen die US-Präsidentschaft sichert. Haben Sie etwas mit Francis Underwood gemeinsam?
Gemeinsamkeiten gibt es glaube ich nicht. Als ich beim DHB Verantwortung übernahm, schaute ich mir vor den Sitzungen mit den Landesverbänden aber immer einzelne Folgen von „House of Cards“ an. Dadurch war ich auf das Schlimmste vorbereitet… Für das Hörbuch von „Hanning. Macht. Handball.“ habe ich mir einen Traum erfüllt. Als Sprecher konnte ich die deutsche Stimme von Kevin Spacey gewinnen.