Auf den Austausch von Nettigkeiten wie beim Small-Talk im olympischen Dorf wird Uwe Gensheimer im brisanten Vorrundenduell der deutschen Handballer mit Rekord-Weltmeister Frankreich verzichten.
„Man läuft sich hier öfter über den Weg in der Mensa, dann quatscht man mal kurz“, berichtete er. Doch an diesem Mittwoch (14.30 Uhr/ZDF und Eurosport) ruht die Freundschaft zu Superstar Nikola Karabatic & Co. „Die Franzosen haben auf jeder Position überragende Spieler, da kommt ein großes Kaliber auf uns zu“, sagte Gensheimer. „Wir sind aber selbstbewusst genug um zu wissen, dass wir mit einer guten Leistung auch gegen Frankreich die Chance haben, zwei Punkte zu gewinnen.“
„Könnte ein Big Point werden“
Nach der knappen Auftakt-Niederlage gegen Europameister Spanien und dem Pflichtsieg gegen Argentinien muss im Kampf um die beste Ausgangsposition für die angepeilte K.o.-Runde unbedingt ein Erfolg gegen die Franzosen her. „Wir sind nicht der Favorit, werden aber alles für einen Sieg geben. Das könnte ein Big Point werden. Alle sind hungrig“, verkündete Bundestrainer Alfred Gislason und fügte hinzu: „Frankreich ist in einer super Verfassung, da müssen wir ein sehr gutes Spiel machen.“
Die letzten drei Duelle boten Dramatik pur – jedoch stets ohne Happy End für das DHB-Team. Besonders weh taten die knappen Niederlagen im Olympia-Halbfinale 2016 und im kleinen Finale der WM 2019. In der Vorrunde hatte es damals noch ein 25:25 gegeben. „Es ist langsam an der Zeit, solche Spiele auch mal für uns zu entscheiden“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. „Dafür wollen wir alles, was wir an Energie und Mentalität aufbringen können, investieren.“
Gensheimer im Fokus
Besonders im Fokus steht Gensheimer. Der 34 Jahre alte Linksaußen von den Rhein-Neckar Löwen ist nach drei Jahren bei Paris Saint-Germain Insider des französischen Handballs – derzeit aber auch das Sorgenkind im deutschen Team. Denn wie schon zuletzt bei der WM in Ägypten kommt der Kapitän in Tokio schwer in Fahrt. Beim 33:25 gegen Argentinien saß Gensheimer 45 Minuten lang nur auf der Bank und sah dann nach seiner einzigen Aktion die Rote Karte, weil er dem gegnerischen Torwart einen Siebenmeter an den Kopf geworfen hatte. „Wir müssen von Beginn an voll da sein“, sagte Gensheimer – das gilt ganz besonders für ihn.
Doch auch die Franzosen haben durchaus Respekt. „Das ist ein besonderes Spiel, weil es ein besonderer Gegner ist. Deutschland hat eine tolle Mannschaft“, sagte Routinier Karabatic in einem Interview der „Handballwoche“. Der 37-Jährige erlebt in Tokio bereits seine fünften Olympischen Spiele. „Was Karabatic an Erfolgen eingefahren hat, ist beispiellos. Mit seiner Mentalität ist er weltweit eine Orientierung für alle Spieler“, lobte Kromer den Weltstar.
Auch Gensheimer ist voll des Lobes. „Über die Erfolge von Nikola muss man nicht viele Worte verlieren. Er hat alles gewonnen, was es im Handball zu gewinnen gibt. Ihn zeichnet ein unbändiger Wille und eine hohe Professionalität aus“, sagte der Linksaußen. Karabatic sei ein „prima Kollege, der immer ein offenes Ohr hat und für alle da ist. Es hat Spaß gemacht, mit ihm zusammen zu spielen. Wir verstehen uns nach wie vor sehr gut.“ Nur nicht am Mittwoch, wenn es im Yoyogi National Stadium zum Wiedersehen auf dem Parkett kommt.