Die Szene wurde heiß diskutiert: Magnus Röd blockt den letzten Wurf des HC Erlangen auf das leere Tor der SG Flensburg-Handewitt, allerdings mit zu wenig Abstand zum Schützen Jan Schäffer. Rote Karte? Siebenmeter? Die Schiedsrichter Fabian Baumgart und Sascha Wild entschieden anders – Schluss, 27:26-Sieg für die SG! Den Videobeweis gibt es in der Handball-Bundesliga nicht. „Wir wissen, dass wir Glück hatten“, sagte Kreisläufer Johannes Golla. „Wäre so etwas gegen uns passiert, hätten wir uns zu Tode geärgert.“
Maik Machulla nahm das große Ganze in den Blick. „Es gab vorher Situationen, die nicht zu unseren Gunsten entschieden wurden“, merkte der SG-Coach an. Die Unparteiischen hatten in der hektischen Schlussphase die Kontrolle über das Spiel verloren und mehrere Szenen falsch beurteilt, etwa als der ehemalige Flensburger Simon Jeppsson vor Erlangens Treffer zum 25:24 Röd zur Seite geräumt und regelwidrig den Kreis betreten hatte.
Mit unbändiger Moral und Glück nahm das Machulla-Team zwei Punkte mit auf die Heimreise, „die alles bedeuten“, wie Röd sagte. Hätte die SG nur unentschieden gespielt, hätte der THW Kiel bereits gestern Deutscher Meister werden können. So aber fällt die Entscheidung am Sonntag ab 15.30 Uhr in einem Titel-Showdown. Die SG empfängt das gerettete Balingen, der THW hat in Mannheim bei den Rhein-Neckar Löwen die vermeintlich kompliziertere Aufgabe zu lösen. „Wenn wir unsere Arbeit nicht machen, ist es egal, was in Mannheim passiert“, nahm Röd sich und seine Mannschaft in die Pflicht. „Sonntag schaffen wir auch noch. Dann müssen wir hoffen, dass Kiel was liegen lässt“, meinte Golla.
Jim Gottfridsson soll gegen Balingen dabei sein, die SG gab gestern leichte Entwarnung. Der Schwede hatte am Mittwochabend schier unendlich scheinende Leidensfähigkeit demonstriert. Nachdem Flensburgs Anführer sich am linken Fuß verletzt hatte und eigentlich nicht mehr spielfähig war, opferte er sich auf, als es für Göran Sögard nicht mehr weiterging. Das letzte SG-Aufgebot gab keine andere Option mehr her. Humpelnd und ohne Kraftreserven bestritt Gottfridsson die letzten Minuten – und warf wenige Sekunden vor Schluss das Siegtor, das die Titelchance am Leben hielt.
Es brauchte keinen weiteren Beweis für die Flensburger Moral – und doch gab es ihn in einer neuen Dimension.