Immerhin die Punkte geholt – das Fazit nach dem EM-Qualifikationsspiel der deutschen Handballer in Bosnien-Herzegowina sagt viel aus über die Qualität der vorherigen 60 Minuten. 26:24 (15:15) gewann die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason, die bereits für das Turnier in Ungarn und der Slowakei qualifiziert war und nun auch den Gruppensieg sicher hat.
„Die Anreise soll nicht als Ausrede dienen“, sagte der Kieler Patrick Wiencek. „Aber jeder wusste vorher, dass es ein Kackspiel wird.“ Um das Risiko einer Corona-Infektion möglichst gering zu halten, war das DHB-Team am Donnerstag erst morgens per Charterflieger und Bus nach Bugojno gereist und machte sich noch am Abend wieder auf den Heimweg. Der Tag von Wienceks 150. Einsatz im Deutschland-Trikot war „ein sehr anstrengender Tag“, meinte Johannes Golla von der SG Flensburg-Handewitt.
Emotionen fehlen
Die Müdigkeit steckte den deutschen Handballern in den Knochen. Sie taten sich – anders als die Bosnier, die noch auf ein EM-Ticket hoffen – schwer, Emotionen zu entfachen. „Ich hätte gerne mehr Positives gesehen“, sagte Gislason. Der Isländer nutzte das Spiel als Casting für Olympia in Tokio. Juri Knorr, Sebastian Heymann und Fabian Wiede im Rückraum – das roch nach Experiment. „Ich habe mit einer unerfahrenen Mannschaft angefangen – da war Licht und Schatten dabei“, meinte Gislason.
Bosnien glaubt bis zum Schluss
Fehler im Angriff und Unaufmerksamkeiten in der Abwehr sorgten dafür, dass die Gastgeber um den Flensburger Torwart Benjamin Buric und den wuseligen Spielmacher Josip Peric bis zum Schluss an ihre Chance glaubten. In der zweiten Halbzeit führte Bosnien sogar 20:19 (41. Minute), ehe Deutschland sich in der Abwehr steigerte. Die Würfe der Gastgeber blieben immer häufiger in den Armen von Wiencek, Golla und Finn Lemke hängen. Vorne war nun der etatmäßige Rückraum am Werk.
Das Gislason-Team führte zwar maximal mit zwei Toren, holte aber die Punkte. Marcel Schiller (10/3 Tore), der die Abwesenheit von Kapitän Uwe Gensheimer für Eigenwerbung nutzte, Timo Kastening (7) und Julius Kühn (5) erzielten 22 der 26 deutschen Treffer. „Es war keine große Handball-Show“, meinte Kastening. Der Rechtsaußen dürfte eines der begehrten 14 Tokio-Tickets sicher haben.
Fünf Wechsel gegen Estland
Im abschließenden Qualifikationsspiel am Sonntag (18 Uhr) gegen Estland bekommt er eine Pause, wie auch Wiencek, Golla, Torwart Andreas Wolff und Steffen Weinhold. Dafür dürfen sich Silvio Heinevetter, Tobias Reichmann, Fabian Böhm, Sebastian Firnhaber und Jannik Kohlbacher beweisen. „Das Gerüst für Tokio steht, aber auf vielen Positionen ist noch was möglich. Ich habe die Qual der Wahl“, sagte Gislason.
Bosnien-Herzegowina: Benjamin Buric, Ahmetasevic – Ovcina (4), Peric (6/2), Herceg (1), Senjamin Buric (1), Delic, Stjepanovic, Haseljic (2), Terzic (1), Karacic (1), Prce (1), Vranjes (3), Malinovic (4), Hamidovic, Gradjan
Deutschland: Wolff, Klimpke (n.e.) – Golla (1), Lemke, Wiencek (1), Wiede, Heymann (1), Knorr (1), Weinhold, Weber, Groetzki (n.e.), Häfner, Schiller (10/3), Dahmke (n.e.), Kühn (5), Kastening (7)
Schiedsrichter: Jurinovic/ Mrvica (Kroatien)
Zeitstrafen: 3:4
7m: 2/2:3/4