Das WM-Ticket für Deutschlands Handball-Frauen liegt zur Abholung bereit – doch Bundestrainer Henk Groener schimpfte kräftig über den Auftritt seiner Schützlinge.
„Erfolg ist nach einem solchen Spiel ein etwas zu großes Wort. Das war ein Tag der offenen Tür in der Abwehr“, grummelte Groener nach dem 32:27 (17:10)-Sieg im Playoff-Hinspiel gegen Portugal. Vor dem Rückspiel am Dienstag in Hamm kündigte er eine knallharte Aussprache an: „Darüber werden wir noch sprechen.“
Gegen die zweitklassigen Portugiesinnen, die bei der EM 2008 letztmals auf der großen Handball-Bühne dabei waren, offenbarte die nach sechs Corona-Ausfällen neuformierte DHB-Auswahl am Samstagabend in Luso vor allem in der zweiten Halbzeit eklatante Defensivschwächen. „Wir haben nicht all das geschafft, was wir uns eigentlich vorgenommen haben. 27 Gegentore sind viel zu viel“, räumte Kapitänin Emily Bölk selbstkritisch ein.
Dennoch dürfte die Teilnahme an der WM-Endrunde vom 2. bis 19. Dezember in Spanien nur noch Formsache sein. „Im Rückspiel müssen wir noch einmal eine Schippe drauflegen“, mahnte Rechtsaußen Marlene Zapf, die sieben Treffer beisteuerte. „Fünf Tore sind kein schlechter Vorsprung, aber heute wäre mehr drin gewesen.“
Nach 34 Minuten lag die deutsche Mannschaft beim 21:11 mit zehn Toren in Führung, verlor danach aber völlig die Linie. „Wir haben uns von der Hektik der Portugiesinnen anstecken lassen und die Räume nicht mehr zugemacht“, kritisierte Groener. Ähnlich sah es Bölk. „Wir waren zu hektisch und haben zu viele leichte Bälle weggeschmissen und dann nicht mehr den richtigen Zugriff bekommen. Das müssen wir im Rückspiel besser machen“, sagte die Rückraumspielerin von Ferencvaros Budapest. „Aber das wichtigste ist, dass wir mit einem kleinen Puffer in das zweite Spiel gehen können.“
Großen Anteil daran hatte Linksaußen Johanna Stockschläder, die ihr überzeugendes Länderspieldebüt mit sieben Toren krönte. „Ich habe mich tierisch gefreut, endlich den Adler auf der Brust zu tragen. Es hat Spaß gemacht“, sagte die 26-Jährige vom Bundesliga-Spitzenreiter Borussia Dortmund.
Trotz der schwachen Abwehrleistung stellte Stockschläder, die erst am Donnerstag aus der Corona-Quarantäne zum Team gestoßen war, das Positive heraus: „27 Gegentore sind natürlich ein bisschen viel. Aber dafür, dass es das erste Spiel in dieser Konstellation war, können wir trotzdem mit einem guten Gefühl nach Hause fahren.“
Im DHB-Kader standen immerhin sechs Neulinge, von denen neben Stockschläder auch Kreisläuferin Annika Ingenpaß aus Bad Wildungen (5 Tore) und Torfrau Katharina Filter vom Buxtehuder SV zu gefallen wussten. Dennoch erwartet Groener im Rückspiel eine Steigerung der gesamten Mannschaft: „Wir können das besser.“