Eine Olympia-Medaille als Geschenk zum Abschied vom Deutschen Handballbund wäre ganz nach dem Geschmack von Bob Hanning.
Doch vor dem Kampf der DHB-Auswahl um zwei Tokio-Tickets am Wochenende in Berlin redete der im Herbst scheidende Vizepräsident angesichts der Corona-Krise lieber über die Bedeutung einer Olympia-Teilnahme für den Sport allgemein und den Handball im besonderen statt seine persönlichen Wünsche und Träume.
„Über sieben Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren können derzeit keinen Sport treiben. Die Wettbewerbe liegen seit einem Jahr brach. Die Ballsportarten brauchen die Präsenz bei den Sommerspielen, damit wir hinter dem Fußball keine Monokultur haben“, mahnte Hanning am Mittwoch eindringlich. Zugleich warnte der 53-Jährige mit Blick auf den Handball: „Wir haben Mannschaften mit zehn, elf Kindern. Wenn da zwei, drei Kinder wegbleiben, wird es ein Mannschaftssterben geben, wie wir es im Handball noch nie erlebt haben.“
Es geht also um mehr als den sportlichen Erfolg, wenn das Team von Bundestrainer Alfred Gislason von Freitag bis Sonntag gegen den WM-Zweiten Schweden, den EM-Vierten Slowenien und Algerien um die Olympia-Teilnahme kämpft. Denn gerade in der Corona-Krise ist es für die Sportart wichtig, vor einem Millionenpublikum positive Schlagzeilen zu produzieren – was zuletzt bei der Weltmeisterschaft in Ägypten mit Platz zwölf gründlich misslang. „Dass das für uns ein elementar wichtiges Turnier ist und wir die Präsenz bei Olympia wollen, haben wir oft genug betont“, sagte Hanning dazu.
Schon 2013 hatte er bei seinem Amtsantritt als DHB-Vizepräsident Olympia-Gold in Tokio als Ziel ausgerufen – und daran auch nach dem schlechtesten WM-Ergebnis in der Verbandsgeschichte bei der Endrunde im Januar öffentlich festgehalten. Dafür hatte es von vielen Seiten, auch aus der Mannschaft, Unverständnis gegeben. „Kritik gibt es schon seit acht Jahren an fast jeder Aussage. Daran habe ich mich gewöhnt – und werde das auch noch bis November durchhalten“, sagte Hanning. „Ich wüsste nicht, warum man von dem Ziel abweichen sollte.“ Klar sei aber auch: „Es gilt jetzt erst einmal, sich zu qualifizieren und den Fokus in den kommenden Tagen einzig darauf zu richten.“
Denn vor allem die europäische Konkurrenz aus Schweden und Slowenien ist bärenstark und muss gefürchtet werden. „Ich schaue aber nicht aufgeregt auf die Aufgabe, denn wir können trotz der Verletzung von Paul Drux eine sehr gute Mannschaft auf die Beine stellen, die den sportlichen Erwartungen gerecht werden kann“, sagte der DHB-Vizepräsident und versicherte: „Jeder wird alles dafür tun.“ Rückraumspieler Fabian Wiede bekräftigte: „Dafür sind wir hier.“
Für Hanning, der in diesem Herbst seinen Verbandsposten aufgibt, wäre Olympia das letzte Großereignis als DHB-Funktionär. Ein Scheitern würde seine Bilanz trüben und ihn daher sicher auch persönlich treffen. Damit beschäftigen will er sich im Vorfeld des Qualifikationsturniers jedoch nicht. „Natürlich will ich wie jeder Spieler und Trainer an den Olympischen Spielen teilnehmen. Daher habe ich momentan nur den Wunsch, dass wir uns qualifizieren“, sagte Hanning. „Ich möchte mir keine Gedanken darüber machen, dass wir scheitern, sondern bin guten Mutes, dass wir es schaffen.“