Selbst der routinierte Alfred Gislason spürte vor dem vermeintlich leichten WM-Auftakt der deutschen Handballer gegen Uruguay ein leises Kribbeln.
„Ich freue mich riesig, dass es endlich losgeht und wir spielen. Dafür sind wir hier, das macht uns allen am meisten Spaß“, sagte der 61 Jahre alte Isländer vor seinem Turnierdebüt als Bundestrainer beim Aufgalopp gegen den Außenseiter aus Südamerika am Freitag (18.00 Uhr/ARD).
Die Corona-Diskussionen um etliche positive Tests bei einigen WM-Teilnehmern und lose Kontakte mit anderen Mannschaften am Büffet in der vornehmen Fünf-Sterne-Unterkunft der DHB-Auswahl in Gizeh – all das blendet Gislason aus. „Ich beschäftige mich eher mit anderen Dingen als den Hygienebedingungen“, betonte er mit Nachdruck und forderte von seinen Schützlingen zum Start der WM-Mission unmissverständlich einen Pflichtsieg. „Das Spiel gegen Uruguay – wie auch das zweite gegen Kap Verde – müssen wir gewinnen und dazu nutzen, uns besser einzuspielen und taktische Varianten in Angriff und Abwehr auszubauen.“
DHB-Vizepräsident Bob Hanning hat die zwei Punkte aus dem Duell mit dem WM-Neuling schon fest eingeplant. „Jetzt gewinnen wir das Spiel gegen Uruguay mit einer Tasse Tee in der Hand und konzentrieren uns auf den Sport“, sagte er am Donnerstag. Auch Gislason verspricht sich keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse. „Ich denke, erst nach dem Ungarn-Spiel werden wir genau wissen, wo wir stehen“, blickte er schon ein wenig auf das Vorrundenfinale am kommenden Dienstag voraus.
Allen Beteiligten ist klar: Beim angestrebten Weg ins Viertelfinale darf sich der EM-Fünfte des Vorjahres und WM-Vierte von 2019 gegen die Kleinen keine Ausrutscher leisten. „Wir wollen zeigen, dass wir trotz des Ausfalls von sieben Stammspielern eine leistungsstarke Mannschaft bei der WM stellen“, formulierte DHB-Präsident Andreas Michelmann in einem Interview der „Mitteldeutschen Zeitung“ den Anspruch. „Ich habe das Gefühl, dass Alfred Gislason das meistern wird.“
Der Bundestrainer hat im Vorfeld wie stets nichts dem Zufall überlassen und das Team akribisch auf den unorthodoxen Spielstil der Südamerikaner vorbereitet. „Sie spielen einen etwas anderen Handball als wir es gewohnt sind. Sie stellen eine robuste Abwehr mit einem guten Torhüter und versuchen, die Angriffe extrem lange auszuspielen“, berichtete Gislason nach einem intensiven Videostudium. „Wir müssen sehr geduldig und diszipliniert im Angriff sein und dürfen uns nicht ärgern lassen.“
Philipp Weber ist zuversichtlich, dass die deutsche Mannschaft die Marschroute umsetzt und nicht ins Stolpern gerät. „Wenn wir unseren Plan durchziehen, werden wir gewinnen“, verkündete der Rückraumspieler vom Bundesligisten SC DHfK Leipzig. „Es kommt drauf an, gut ins Turnier zu finden.“
Dabei wird es auch auf den 28 Jahre alten Regisseur ankommen. „Philipp ist ganz klar unser Mittelmann Nummer eins und hat daher eine enorm wichtige Funktion“, sagte Gislason. „Er hat das bisher super gemacht.“
Weber selbst freut sich nach zwei völlig unterschiedlichen EM-Auftritten 2018 und 2020 auf sein WM-Debüt. „Ich hatte eine schlechte und eine gute Europameisterschaft. Diese Erfahrungen haben mir extrem geholfen, daraus habe ich viele Schlüsse ziehen können“, sagte er und fügte nach dem ersten WM-Training der DHB-Auswahl in Ägypten optimistisch hinzu: „Wir sind bereit.“