Es könnte alles so schön sein – fast wie im Urlaub. Ein exquisites Fünf-Sterne-Hotel, ausgestattet mit großen Zimmern und traumhaftem Blick auf die weltberühmten Pyramiden von Gizeh. Nette Nachbarn in Person von Handballkollegen aus anderen Nationen, mit denen man ins Plaudern kommen kann. Tolles Wetter, das die Vorfreude auf die Wettkämpfe steigen lässt. Doch diese Idylle ist trügerisch – weil zum Start der Handball-WM 2021 in Ägypten das Thema Corona dominant und allgegenwärtig ist.
Kap Verde mit positiven Befunden
„Ganz ausblenden kann man es nie, es ist schon sehr, sehr präsent“, sagte Rückraumspieler Kai Häfner am Mittwoch, zwei Tage vor dem deutschen Auftaktspiel gegen Uruguay (Fr., 18 Uhr/ARD), bei einem digitalen Medientermin. Immer wieder kreisten dabei die Gedanken auch um den zweiten Vorrundengegner Kap Verde, der laut Medienberichten coronabedingt ohne sechs Spieler, Trainer und drei Betreuer die Reise nach Nordafrika antrat. Zumal mit Tschechien und den USA zwei Teams unmittelbar vor Turnierstart ihre Teilnahme absagen mussten, die nun von Nordmazedonien und der Schweiz ersetzt wurden. Auch Brasilien meldete positive Befunde. Sollten weitere Teams die Segel streichen müssen, wären die Niederlande und Montenegro die nächsten Nachrücker.
„Es übertrifft unsere Befürchtungen“, gestand DHB-Sportvorstand Axel Kromer: „Auch die Einzelfälle in anderen Nationen spielen uns nicht in die Karten – vor allem mit Blick auf diejenigen, die hier alles enorm kritisch betrachten.“ Er hoffe, dass die vielen Hiobsbotschaften ein Ende nähmen.
DHB weist auf Defizite hin
Der Deutsche Handballbund wandte sich am Mittwoch an den Weltverband IHF, um auf einige Defizite im Hygienekonzept hinzuweisen. Dazu gehöre laut Kromer eine stärkere Trennung bei den Mahlzeiten im Teamhotel „Mena House“, in dem sieben weitere Nationen untergebracht sind. Zudem nehme es manch einer vom Hotelpersonal beim Tragen der Maske nicht so genau. Der DHB selbst habe die Spieler daher mit FFP2-Masken „zugeschüttet“.
Sagosen spricht von "Wilden Westen"
Weitaus dramatischer fiel die Kritik von THW-Kiel-Star Sander Sagosen, der mit Norwegen im selben Hotel logiert, aus. „Ich weiß nicht, ob man das überhaupt eine Blase nennen kann“, sagte der 25-Jährige: „Alles bis jetzt war ein großer Witz.“ In den ersten Stunden in Gizeh habe er sich an den „Wilden Westen“ erinnert gefühlt, sagte Sagosen in einer digitalen Presserunde. Seine Mannschaft befinde sich in einem „Schockzustand“. Im Teamhotel gingen die Leute ein und aus, alle Mannschaften kämen außerdem beim Essen zusammen. Auch der weite Weg zur Trainingshalle (45 Minuten Fahrtzeit) sei ein Problem.
Erhöhtes Risiko
Also: Die Lage vor Ort ist weiterhin angespannt, die Zweifel daran, dass alles gut geht, bleiben. „Wir wissen alle, dass trotz negativer Tests das Virus schon in einem Körper schlummern kann. Deswegen wird es in den nächsten Tagen ein erhöhtes Risiko geben“, sagte Axel Kromer und betonte: „Erst wenn die Veranstaltung richtig läuft und die Blase geschlossen ist, wird die Gefahr geringer.“