Der Termindruck in der Handball-Bundesliga wächst wegen der Corona-Krise fast täglich, doch noch halten die Verantwortlichen in der Diskussion um eine mögliche WM-Absage die Füße still.
„Wir werden das Thema in den kommenden Wochen vertiefen und auf die Verbände zugehen“, sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann der Deutschen Presse-Agentur nach einer Telefonkonferenz mit den Vereinen.
Der 55-Jährige gab jedoch zu bedenken, dass die Weltmeisterschaft zu Beginn des kommenden Jahres in Ägypten „eine Veranstaltung nicht ohne Risiko“ sei. „Wenn sich die Pandemie-Lage weiter exponentiell entwickelt, halte ich es für sehr schwer, so ein Turnier durchzuführen“, sagte Bohmann dem MDR.
Auch in den Vereinen wird das XXL-Turnier am Nil mit 32 Mannschaften vom 13. bis 30. Januar 2021 zunehmend kritisch gesehen. „Natürlich ist die WM für den Handball von großer Bedeutung. Aber wenn die Gesundheit an erste Stelle steht, muss man sie nicht stattfinden lassen. Die Bundesliga ist das Brot- und Buttergeschäft für uns alle. Das sollte man nicht gefährden“, sagte Mindens Geschäftsführer Frank von Behren der Deutschen Presse-Agentur.
Zuvor hatte bereits Kiels Geschäftsführer Viktor Szilagyi erklärt: „Langsam kommt der Zeitpunkt, das Fass WM wieder aufzumachen. Stand heute ist es undenkbar, dass man eine WM reibungslos absolvieren kann.“ Stefan Kretzschmar, Vorstand der Füchse Berlin, appellierte angesichts der angespannten Lage via Instagram: „Wir müssen in den nächsten Tagen & Wochen Entscheidungen treffen, die ALLE mittragen.“ Dabei seien Verantwortung, Weitsicht, Mut und Kompromissbereitschaft gefragt.
Die reguläre Durchführung der Bundesligasaison steht angesichts der sich häufenden Spielausfälle zunehmend auf wackligen Beinen. Nach den vier positiven Corona-Fällen in der deutschen Nationalmannschaft gab es für das Wochenende weitere Absagen. Neben den Partien MT Melsungen gegen SC Magdeburg und HSC 2000 Coburg gegen GWD Minden wurde auch das Spiel Frisch Auf Göppingen gegen HSG Wetzlar verlegt, weil sich jeweils zwei Spieler aus beiden Teams trotz bisher negativer Tests in vorsorglicher Quarantäne befinden. „Wir haben die Regelung, wonach ein Spiel verschoben werden kann, wenn zwei oder mehr Spieler aus Corona-Gründen fehlen, auf das Wochenende ausgedehnt“, berichtete Bohmann.
Um wenigstens die Präsenz im Free-TV zu sichern, wurde das Samstagspiel der Rhein-Neckar Löwen gegen den TBV Lemgo Lippe um knapp zweieinhalb Stunden vorverlegt. Statt um 20.30 Uhr wird die Partie bereits um 18.05 Uhr angepfiffen und live in der ARD übertragen. „Wir bedanken uns sehr für die große Solidarität und Flexibilität, die uns die Clubs, aber auch unsere TV-Partner in den letzten Tagen entgegengebracht haben. Sie haben sich in einer schwierigen Situation klar zum Handball bekannt“, sagte Bohmann.
Ursprünglich sollten Melsungen und Magdeburg das Fernsehspiel bestreiten. Die Nordhessen befinden sich nach dem bestätigten Corona-Fall bei Nationalspieler Finn Lemke aber ebenso geschlossen in Quarantäne wie die Mindener wegen der Infizierung von Juri Knorr. Schon jetzt steht fest, dass die Partien Hannover gegen Melsungen (19.11.) und Minden gegen Rhein-Neckar Löwen (21.11.) ebenfalls verlegt werden müssen.
Im Kampf gegen einen drohenden Saison-Abbruch regiert in der Liga dennoch weiter das Prinzip Hoffnung. „Angst wäre ein schlechter Ratgeber. Noch ist das zu handhaben, auch wenn es wahrscheinlich mit Ungerechtigkeiten verbunden sein wird“, betonte Bohmann. Er warnte aber zugleich: „Es darf nicht mehr viel passieren. Wenn sich die Corona-Lage weiter zuspitzt, kommt jedes System an seine Grenzen.“