Frankfurt/Main (dpa) – Die Augen von Christian Prokop leuchten, wenn die Sprache auf Jürgen Klopp kommt. Auf dem Weg zur angestrebten Medaille bei der Europameisterschaft im Januar orientiert sich der Bundestrainer der deutschen Handballer auch am Starcoach des Champions-League-Siegers FC Liverpool.
«Ich finde es bemerkenswert, dass er mit so viel Leidenschaft, so viel Energie und so viel Empathie coacht – und das zum Erfolg führt», sagt Prokop über den Fußball-Trainer des Jahres. «Er begeistert mit emotionaler Führung, deshalb ist er für mich ein großes Vorbild.»
Der 41-Jährige geht bei der Endrunde vom 9. bis 26. Januar in Norwegen, Österreich und Schweden in sein drittes Großturnier – und das mit einem guten Gefühl. Denn Prokop ist angekommen in seinem Job, den er nach der verpatzten EM-Premiere 2018 nach nicht einmal einem Jahr fast schon wieder verloren hätte.
Wirkte der Familienvater damals noch unsicher und verkrampft, strahlt er spätestens seit der gelungenen Heim-WM zu Beginn dieses Jahres Souveränität und Selbstvertrauen aus. «Ich fühle mich sehr wohl in meiner Haut und meinem Beruf. Ich kann mich voll damit identifizieren», sagt Prokop.
Der Bundestrainer hat die richtige Mischung gefunden zwischen Theorie und Praxis. Natürlich verbringt er immer noch viel Zeit bei der Videoanalyse, mindestens genauso wichtig ist ihm mittlerweile aber der intensive Austausch mit seinen Spielern. «Ich habe Lust auf diese Mannschaft, weil ich merke, dass die Spieler Appetit haben auf Erfolge, dass sie mehr wollen und die Zeit in der Nationalmannschaft effektiv nutzen. Das macht sehr viel Freude», berichtet Prokop.
Bei seinem Entwicklungsprozess hat er sich einiges von Klopp abgeschaut, der den FC Liverpool nach vielen Jahren wieder zu einer der feinsten Adressen in Europa gemacht hat. Das strebt auch Prokop mit der DHB-Auswahl an. «Ich finde bemerkenswert, wie authentisch Jürgen Klopp im Erfolg, aber auch im Misserfolg, den Trainerberuf lebt. Man hat immer den Eindruck, dass er den Spielern und Fans sehr ehrlich und emotional entgegen tritt», sagt Prokop. «Es zeigt, dass der Sport mehr ist, als auf dem Schachbrett ein paar Figuren hin und her zu schieben oder Datenfluten zu analysieren.»
Den täglichen Umgang mit den Spielern vermisst der einstige Bundesligatrainer des SC DHfK Leipzig nicht. «Um das Zugpferd Nationalmannschaft erfolgreich zu coachen, gibt es im Alltag neben den sportlichen Herausforderungen etliche Bereiche, die den Beruf so vielseitig machen», erzählt Prokop.
So war er im November mit der Kinderhilfsorganisation Plan International in Vietnam zu Besuch bei der neunjährigen Chi Ra, dem Patenkind der Handball-Nationalmannschaft, und sammelte dort wahnsinnig viele Eindrücke abseits des Sports. Und natürlich reist er kreuz und quer durch Deutschland, um sich vor Ort ein Bild von der Form der Nationalspieler zu machen. «Das sind Dinge, die mir gut gefallen, die aber auch Zeit gebraucht haben, bis man ein gutes Arbeitssystem entwickelt hat», sagt Prokop.
An den Weihnachtsfeiertagen hat er im Kreise der Familie noch einmal Kraft getankt für die EM, wo es nach Rang vier bei der WM mit einer Medaille klappen soll. Und auch abseits des Parketts geht Prokop mit guten Vorsätzen in das Jahr 2020: «Privat nehme ich mir vor, dass ich weiter an einer ausgeglichenen und guten Erziehung meiner Kinder arbeite.»