Kumamoto (dpa) – Der Glühwein war tabu, dafür ließen sich die deutschen Handballerinnen gebrannte Mandeln und Pasta schmecken. Bei einem Besuch des Weihnachtsmarktes in Kumamoto stimmte sich die DHB-Auswahl auf den Hauptrunden-Showdown gegen Rekord-Europameister Norwegen ein.
Adventsgefühle kamen bei T-Shirt-Wetter mit Temperaturen von über 15 Grad zwar nicht auf, dafür bekamen die Schützlinge von Bundestrainer Henk Groener nach der vermeidbaren 28:29-Niederlage gegen Serbien am Vortag die Köpfe frei. «Wir waren uns schnell einig, dass wir ab dem Frühstück nur noch auf Norwegen schauen. Wir haben immer noch alles in der eigenen Hand», sagte Kapitänin Kim Naidzinavicius vor dem entscheidenden Duell mit dem Spitzenreiter der Gruppe I an diesem Mittwoch (12.30 Uhr).
Bei der Suche nach Souvenirs wurden die deutschen Frauen an ihrem Ruhetag nicht fündig, doch ein ganz bestimmtes Mitbringsel ist ihnen ohnehin wichtiger als japanischer Christbaumschmuck: das Ticket zu einem der Olympia-Qualifikationsturniere im März. Erreicht die deutsche Mannschaft das Spiel um Platz fünf, wäre dieses Ziel vorzeitig geschafft. Damit würde der Traum von der ersten Teilnahme an Sommerspielen seit 2008 in Peking weiter leben.
Als Bonus winkt sogar der erste Einzug in ein WM-Halbfinale seit 2007. «Unser großes Ziel ist die Olympia-Qualifikation, aber das Halbfinale nehmen wir natürlich auch gerne», sagte Naidzinavicius. Bei einem Sieg gegen den Olympiasieger von 2008 und 2012 würden die deutschen Handballerinnen am Sonntag definitiv um eine Medaille spielen.
Auch ein Remis und selbst eine Niederlage könnten bei entsprechender Schützenhilfe reichen. Im besten Fall ist die DHB-Auswahl schon vor dem Anpfiff durch – wenn die Konkurrenz zuvor mitspielt. «Da denken wir aber überhaupt nicht dran, wir haben nur uns im Kopf – und Norwegen», sagte Rückraumspielerin Shenia Minevskaja.
Weil hinter Norwegen (6:2 Punkte) und Deutschland (5:3) auch noch die Niederlande und Serbien (beide 4:4) im Rennen sind, kann der EM-Zehnte im ungünstigsten Fall aber auch noch auf Rang vier abrutschen. Dann käme es am Freitag zu einem echten Endspiel um den siebten Platz, der die ersehnte Teilnahme an der Olympia-Ausscheidung sichert.
Groener wollte sich mit solchen Rechenspielen im Vorfeld nicht beschäftigen. Der Bundestrainer ließ auch den Besuch des Weihnachtsmarktes sausen und widmete sich lieber dem Videostudium des kommenden Gegners. «Der Kopf ist frei, wir haben das Spiel gegen Serbien abgehakt. Gegen Norwegen ist eine starke Abwehr der Schlüssel zum Erfolg», sagte der 59 Jahre alte Niederländer und stellte klar: «Uns ist egal, was in den Spielen zuvor passiert. Wir sind motiviert und wollen gewinnen.»
Für dieses Unterfangen wird DHB-Präsident Andreas Michelmann dem Team auf der Tribüne ganz fest die Daumen drücken. «Eine Olympia-Teilnahme wäre für die Spielerinnen selbst, aber auch den gesamten deutschen Handball, enorm wichtig», sagte der Verbandsboss und prophezeite: «Die Mannschaft zeigt bislang ein tolles Turnier, gerade in den Spielen gegen Top-Mannschaften. Ich denke, sie werden Norwegen Paroli bieten.»